Antisemitische Gesetze und Verordnungen des nationalsozialistischen Regimes

 

Die antisemitischen Gesetze und Verordnungen des nationalsozialistischen Regimes auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene sind in Anzahl und Vielfalt kaum in Gänze zu überblicken. Die im folgenden Zeitstrahl vorgestellten Maßnahmen zur Entrechtung und Erniedrigung jüdischer Bürger*innen bieten einen Überblick der Gesetzgebung im Deutschen Reich, mit einigen Ausblicken auf Italien und von Deutschland besetzte Gebiete. Auffällig ist bei diesen Quellen die durchgängige und zynische Verwendung beschönigender oder verschleiernder Sprache.

31. März 1933

Gleichschaltungsgesetz

Das "Vorläufiges Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich", sieben Tage später erweitert um das "Zweite Gesetz", gestattete auf Länderebene gestattete die politische Ausschaltung aller Minister, Abgeordneten und höheren Staatsbeamten, die nicht der NSDAP angehörten.

 

31. März 1933

Rundverfügung betr. jüdische Mitarbeiter in der Justiz

Rundverfügung: Jüdische Rechtsanwälte, Staatsanwälte und Beamte im Strafvollzug werden zwangsbeurlaubt. Das Betreten der Gerichtsgebäude wird ihnen verboten.

1. April 1933

Reichsweiter Boykott aller "nicht-arischen" Geschäfte

3. April 1933

Rundverfügung des Reichskommissars für die Preußische Justiz zu jüdischen Rechtskandidaten

Jüdische Studenten, die das 1. juristische Staatsexamen erfolgreich abgelegt haben, dürfen in Preußen nicht mehr zu Referendaren ernannt werden.

6. April 1933

Runderlass des Reichsfinanzministeriums

Landesfinanzämter dürfen jüdischen Steuerberatern keine Zulassung mehr erteilen. Bereits erteilte Zulassungen an „nicht-arische“ Steuerberater sind zurückzunehmen.

7. April 1933

"Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums"

Politische Gegner und „Nicht-Arier“ werden aus dem öffentlichen Dienst entfernt. Der „Arierparagraph“ versetzt Beamte, die „nichtarischer Abstammung“ sind, umgehend in den Ruhestand. Es bestehen noch Ausnahmeregelungen für ehemalige Soldaten des Ersten Weltkrieges, Väter und Söhne von Gefallenen und Beamte mit Dienstantritt vor dem 1. August 1914.

7. April 1933

"Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft"

Im „Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft“ wird Anwälten, die nicht „arischer Abstammung“ sind, die Zulassung entzogen. Unter die Ausnahmeregelung fallen die „Altanwälte“, die vor 1914 zugelassen waren, „Frontkämpfer“ im Ersten Weltkrieg oder direkte Angehörige von im Ersten Weltkrieg Gefallenen. Die Rücknahme der Zulassungen von Rechtsanwälte wird bis zum 30. September 1933 gestattet, mit Ausnahme derselben Fälle. Ein Vertretungsverbot kann darüber hinaus mit sofortiger Wirkung erlassen werden.

11. April 1933

"Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“

„(…) Als nicht arisch gilt, wer von nicht arischen, insbesondere jüdischen Eltern oder Großeltern abstammt. Es genügt, wenn ein Elternteil oder ein Großelternteil nicht arisch ist. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein Elternteil oder ein Großelternteil der Jüdischen Religion angehört hat.“

21. April 1933

"Gesetz über das Schlachten von Tieren"

Verbot der betäubungslosen Tötung von Tieren. Das Gesetz richtete sich gegen das sogenannte Schächten, also die Schlachtung von Nutztieren nach jüdischem Ritus, bei dem die Tiere durch Öffnung großer Schlagadern getötet werden. (Reichsgesetzblatt)

22. April 1933

"Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen"

Eine Verordnung des Reichsarbeitsministeriums beendet  die „Tätigkeit von Kassenärzten nicht arischer Abstammung sowie von Kassenärzten, die sich im kommunistischen Sinne betätigt haben“ und verbietet „Neuzulassungen solcher Ärzte zur Tätigkeit bei den Kassen“. Die Kassenzulassungen wurde ebenfalls Ärzten “nicht arischer” Abstammung bis auf wenige Ausnahmen („Frontkämpfer“ des Ersten Weltkriegs) entzogen. Die Ausschaltung von jüdischen und politisch andersgesinnten Kassenärzten wurde vom Hartmannbund mit den (ihm eng verbundenen) örtlichen Kassenärztlichen Vereinigungen durchgeführt.

25. April 1933

Gesetz gegen die Überfüllung von deutschen Schulen und Hochschulen (RGBl. I S. 225)

Bei Neuaufnahmen darf an allen Schulen und Hochschulen die Zahl der “nicht arischen” Reichsdeutschen unter der Gesamtheit der Besucher jeder Schule und Fakultät den Anteil der “nicht arischen” Bevölkerung an der reichsdeutschen Bevölkerung nicht übersteigen.

“Das Gesetz übernimmt die Definition des "Nichtariers" aus dem "Berufsbeamtengesetz" vom 7. April 1933. Danach gilt den Nationalsozialisten als Jude, wer einen jüdischen Großelternteil hat. Diese Regelung ist noch radikaler als die späteren Definitionen der ‘Nürnberger Gesetze’ vom September 1935 und wird nur durch Ausnahmeregelungen für ‘Frontkämpfer’ des Ersten Weltkriegs und Beamte aus dem Kaiserreich gemildert. Dies waren Zugeständnisse an den Reichspräsidenten Hindenburg. Für Studierende sind diese Ausnahmeregelungen irrelevant.”

4. Mai 1933

Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (RGBl. I S. 233)

„Verträge (…), die mit Personen nicht arischer Abstammung als Dienstverpflichteten geschlossen sind, sind mit einer Frist von einem Monat zum Monatsschluß zu kündigen.“ Dies betrifft „vom Reich, von den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden, von Körperschaften des öffentlichen Rechtes sowie diesen gleichgestellten Einrichtungen und Unternehmungen (…) durch privatrechtlichen Dienstvertrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag verpflichteten (…) Personen.“

14. Juli 1933

Gesetz über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens (RGBl. I S. 479)

Dieses Gesetz dient später zur Begründung für die Einziehung des Vermögens von Juden bei ihrer Deportation.

Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit (RGBl. I S. 480)

Gesetz mit Enteignungscharakter, nachdem die Einbürgerung eingewanderter Ostjuden widerrufen werden und vermeintlich regimefeindlichen Emigranten die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden konnte. Einbürgerungen, die in der Zeit zwischen dem 9. November 1918 und dem 30. Januar 1933 vorgenommen wurden, konnten widerrufen werden, wenn die Einbürgerung nicht als erwünscht anzusehen war.

26. Juli 1933

Runderlass zur jüdischen Auswanderung

“Die Auswanderung von Personen jüdischer Abstammung ist erwünscht und darf infolgedessen nicht unterbunden werden. Andererseits ist es erforderlich, von leistungsfähigen Personen, durch deren Auswanderung die deutsche Steuerbasis geschmälert wird, eine letzte große Abgabe – die Reichsfluchtsteuer – zu erheben.”

1. September 1933

Inkrafttreten eines Abkommens zwischen dem Hartmannbund und dem Verband der privaten Krankenversicherung, wonach Rechnungen “nicht arischer” Ärzte nicht mehr erstattet wurden.

Jüdischen Ärzten war damit der Boden ihrer wirtschaftlichen Existenz weitgehend entzogen.

22. September 1933

Reichskulturkammergesetz (RGBl. I S. 661)

Für die jeweiligen Kulturzweige werden Kammern eingerichtet (Schrifttum, Presse, Rundfunk, Theater, Musik und Bildende Künste). Zugehörigkeit zu einer der Kammern ist für eine Betätigung in einem der Kulturzweige zwingend erforderlich. Juden werden in die Kammern nicht aufgenommen.

29. September 1933

Reichserbhofgesetz (RGBl. I S. 685)

“Der Eigentümer des Erbhofs heißt Bauer. Bauer kann nur sein, wer deutscher Staatsbürger deutschen oder stammesgleichen Blutes und ehrbar ist. Deutschen oder stammesgleichen Blutes ist nicht, wer unter seinen Vorfahren – seit 1. Januar 1800 – jüdisches oder farbiges Blut hat”.

4. Oktober 1933

Schriftleitergesetz (RGBl. I S. 713)

“Nach § 5 Abs. 3 des Gesetzes kann Schriftleiter nur sein, wer arischer Abstammung und nicht mit einer Person nicht arischer Abstammung verheiratet ist.” Mit der Umbenennung von Redakteuren zu Schriftleitern wurde der Zugang zum Beruf des Journalisten reglementiert. Viele Journalisten verloren ihre Arbeit. Auch das Verlagswesen wurde durch entsprechende Regelungen ideologisch kontrollierbar.

18. Oktober 1933

In Preußen wird allen “nicht arischen” und mit “nicht arischen” Personen verheirateten Menschen die Habilitation untersagt.

22. Juli 1934

Ausbildungsordnung für Juristen (RGBl. I S. 727)

„§ 10: Bei der Meldung zur ersten juristischen Staatsprüfung haben die Bewerber die vorgeschriebene Erklärung über ihre arische Abstammung und über die ihrer Ehefrau vorzulegen.“

21. Mai 1935

Wehrgesetz (RGBl. I S. 609)

„§ 1 Abs. 1: Der Wehrdienst ist Ehrendienst am Deutschen Volke. (…)

§ 15 Abs. 1: Arische Abstammung ist eine Voraussetzung für den aktiven Wehrdienst.“

26. Juni 1935

Gesetz über den Reichsarbeitsdienst (RGBl. I S. 769)

Die Arbeitsdienstpflicht ist ähnlich geregelt wie die Militärdienstpflicht. “Seit 1935 war im NS-Regime der halbjährige Arbeitsdienst für männliche Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren obligatorisch, für weibliche freiwillig. Unter dem Motto ‘Mit Spaten und Ähre’ zogen diese Arbeitskolonnen durch Deutschland, die - meist tatsächlich nur mit Spaten ausgerüstet - Moore trockenlegten, neues Ackerland kultivierten oder beim Bau der Reichsautobahnen und des Westwalls mitwirkten.”

15. September 1935

Erlass der „Nürnberger Rassengesetze“ (RGBl. I S. 1146)

Auf dem Nürnberger Parteitag werden zwei Rassengesetze erlassen: das „Reichsbürgergesetz“ und das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ (Blutschutzgesetz).

Das Reichsbürgergesetz „erfindet“ den sogenannten „Reichsbürger“. Allein dieser hat Anspruch auf die vollen politischen Rechte (§ 2 Abs. 3 Reichsbürgergesetz – RBG). Der oder die Betreffende muss Staatsangehörige*r „deutschen oder artverwandten Blutes“ sein und außerdem zeigen, dass er oder sie „gewillt und geeignet ist, in Treue dem Deutschen Volk und Reich zu dienen.“ Der Status des „Reichsbürgers“ wird damit „rassisch“ und politisch definiert. Jüdische Deutsche sind folglich nur „Staatsbürger“ und damit Bürger 2. Klasse. Als Jude gilt fortan, wer drei jüdische Großeltern hatte, der jüdischen Glaubensgemeinschaft angehört oder mit einem sogenannten "Volljuden" verheiratet ist.

Das sogenannte Blutschutzgesetz („Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“) stellte Eheschließung zwischen Juden und "Staatsangehörigen deutschen Blutes" sowie außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen diesen unter Strafe und sah für den Fall Gefängnisstrafen vor. Verstöße gegen das Gesetz sind „Rassenschande“ und werden mit Gefängnis bzw. Zuchthaus bestraft. Juden wurde es außerdem verboten, nicht-jüdische Dienstmädchen unter 45 Jahren in ihren Haushalten zu beschäftigen.

Das „Reichsbürgergesetz“ ist Grundlage für eine fortschreitende Diskriminierung, Ausgrenzung, Entrechtung und Vernichtung der Existenzgrundlage von Juden. Das „Blutschutzgesetz“ mit seinem Straftatbestand der „Rassenschande“ bietet Gelegenheit zu Denunziationen und führt zu zahlreichen Bestrafungen.

3. Dezember 1935

Runderlass des Reichsministers des Innern

Um die propagandistische Wirkung des Sportereignisses im Ausland nicht zu gefährden, werden während der Olympischen Winterspiele 1936 alle judenfeindlichen Schilder und Anschläge in der Gegend von Garmisch-Partenkirchen, in der die Winterspiele stattfinden, zeitweise entfernt.

13. Dezember 1935

Gesetz zur Verhütung von Missbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung (RGBl. I S. 1478)

„Die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung und Einziehung fremder Forderungen darf geschäftsmäßig (…) nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist.“ Juden wird die Erlaubnis nicht erteilt. So wird verhindert, dass die aus der Anwaltschaft entfernten jüdischen Rechtsanwälte weiterhin für ihre jüdischen Mandanten rechtsberatend tätig sein können. Außenstände und Kredite jüdischer Mandanten werden uneintreibbar, was zu deren Konkursen beitrug.

19. Dezember 1935

Runderlass des Reichsministers des Innern über „fremde Rassen“

Als „fremde Rassen“ in Europa werden nur Juden und „Zigeuner“ angesehen. Diese werden als genetisch minderwertig stigmatisiert.

 

23. Juni 1936

Erlass des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei

Der Erlass verbietet Angehörigen der SS anlässlich der Sommerolympiade in Berlin (1. bis 16. August 1936) alle Tätlichkeiten gegen Ausländer und Juden.

18. März 1937

Urteil des Reichsfinanzhofes, das eine steuerliche „Befreiung wegen Gemeinnützigkeit oder Mildtätigkeit für Unternehmungen und Zwecke ausgeschlossen [hatte], die Juden zu Gute kommen“.

16. November 1937

Runderlass des Reichsministeriums des Innern

„Die Ausstellung von Reisepässen an Juden für das Ausland wird untersagt, es sei denn, dass sie zur Auswanderung (…) bestimmt sind.“

5. Februar 1938

Juden dürfen den Beruf des Auktionators nicht mehr ausüben; bereits erteilte Zulassungen erlöschen (RGBl I, S.115).

28. März 1938

Gesetz über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kulturvereinigungen, demzufolge den jüdischen Gemeinden in Deutschland ihr offizieller Status entzogen wurde

„Mit Ablauf des 31. März 1938 verlieren die jüdischen Kultusvereinigungen ihre Verbände die Stellung der Körperschaften des öffentlichen Rechts (…).“

22. April 1938

Verordnung gegen die Unterstützung der Tarnung jüdischer Gewerbebetriebe (RGBl. I S. 404)

Die Verordnung droht deutschen Staatsangehörigen, die „aus eigennützigen Beweggründen“ dabei mitwirken, „den jüdischen Charakter eines Gewerbebetriebes bewusst zu verschleiern“, Zuchthaus- oder Gefängnis- und Geldstrafen an. Die gleichen Strafen treffen eine Person, die für einen Juden ein Rechtsgeschäft führt und unter Irreführung des anderen Teils die Tatsache, dass sie für einen Juden tätig ist, verschweigt. Die Verordnung soll jüdisch-nichtjüdische Geschäftskooperationen unterbinden, die antisemitische Maßnahmen unterlaufen könnten.

26. April 1938

Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden (RGBl. I S. 414)

Jeder Jude – und auch der nicht jüdische Ehegatte eines Juden – hat sein gesamtes in- und ausländisches Vermögen anzumelden und zu bewerten.

Bei falschen Angaben drohen Geldstrafen, Haftstrafen bis zu zehn Jahren Zuchthaus sowie Vermögenseinzug.

Nach den Novemberpogromen 1938 wurden diese Vermögensaufstellungen zur Berechnung der sogenannten Judenvermögensabgabe eingesetzt.

27. April 1938

Nach dem “Anschluss” Österreichs am 12. März 1938 wurde für jüdische Bürger dort ebenfalls eine Vermögenserklärung eingefordert

jegliches Vermögen über ATS 7.500 musste bis Ende Juni 1938 angemeldet werden.

20. Juli 1938

„Fischereischeine sind Juden grundsätzlich zu versagen (§96 des Preuß. Fischereigesetzes). An Juden bereits erteilte Fischereischeine sind nach Möglichkeit zu widerrufen.“

25. Juli 1938

Vierte Verordnung zum Reichsbürgergesetz (RGBl. I S. 969)

„Bestallungen (Approbationen) jüdischer Ärzte erlöschen am 30. September 1938.“ Der Reichsminister des Innern kann Ärzten, deren Bestallung erloschen ist, die Ausübung des Arztberufs zur Behandlung von Juden sowie ihrer Frau und ihrer Kinder widerruflich gestatten. Sie dürfen nicht die Bezeichnung „Arzt“, sondern nur die Bezeichnung „Krankenbehandler“ führen.

27. Juli 1938

Erlass des Reichsministers des Innern über Straßennamen

Die Entfernung aller Straßennamen, die nach „Juden“ oder „jüdischen Mischlingen 1. Grades“ benannt sind, wird angeordnet.

17. August 1938

Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (RGBl. I 1044)

Juden, die keinen Vornamen, gemäß dem vom Reichsinnenministerium am 18. August 1938 herausgegebenen Runderlass mit jüdischen Vornamen führen, werden vom 1. Januar 1939 an gezwungen, als weiteren Vornamen den Namen „Israel“ (für männliche Personen) oder „Sara“ (für weibliche Personen) anzunehmen.

18. August 1938

Runderlass des Reichsministers des Innern zu Vornamen

Durchführungsanweisungen für die Annahme der zusätzlichen Vornamen Israel und Sara durch Definition dessen, was ein „jüdischer“ Vorname ist. „Juden, die deutsche Staatsangehörige oder staatenlos sind, dürfen nur die in der Anlage aufgeführten Vornamen beigelegt werden; anderen deutschen Staatsangehörigen dürfen diese Vornamen nicht beigelegt werden.“

27. September 1938

Fünfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz (RGBl. I S. 1403)

Sämtliche bei den deutschen Gerichten zugelassenen jüdischen Rechtsanwälte werden gezwungen, zum 30. November 1938 auszuscheiden. “Zur rechtlichen Beratung und Vertretung von Juden läßt die Justizverwaltung jüdische Konsulenten zu.”

5. Oktober 1938

Verordnung des Reichsministers des Innern über Reisepässe von Juden (RGBl. I S. 1342)

Alle deutschen Reisepässe, deren Inhaber Juden sind, werden ungültig. Zuvor ausgestellte Reisepässe sollen abgeliefert werden. Auslandspässe werden erst dann wieder gültig, wenn sie mit einem „J“ versehen worden sind.

26. Oktober 1938

Runderlass des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei zum Aufenthaltsverbot für Juden mit polnischer Staatsangehörigkeit

Ein sofortiges Aufenthaltsverbot wird für seit mehr als fünf Jahren im "Deutschen Reich" lebenden Juden polnischer Herkunft erlassen, die durch eine kurz zuvor ergangene neue Verordnung der polnischen Regierung zu staatenlosen Menschen erklärt worden waren. In den beiden folgenden Tagen wurden etwa 18.000 "Ostjuden", durch Gestapo und Schutzpolizei festgenommen und an die polnische Grenze gebracht.

9. November 1938

Fernschreiben der Gestapo zu Maßnahmen gegen Juden

„An alle Stapo Stellen und Stapoleitstellen – An Leiter oder Stellvertreter
Dieses FS ist sofort auf dem schnellsten Wege vorzulegen.

1. Es werden in kürzester Frist in ganz Deutschland Aktionen gegen Juden insbesonders gegen deren Synagogen stattfinden. Sie sind nicht zu stören. Jedoch ist im Benehmen mit der Ordnungspolizei sicherzustellen, dass Plünderungen und sonstige besondere Ausschreitungen unterbunden werden können.

2. Sofern sich in Synagogen wichtiges Archivmaterial befindet, ist dieses durch eine sofortige Massnahme sicherzustellen.

3. Es ist vorzubereiten die Festnahme von etwa 20–30.000 Juden im Reiche. Es sind auszuwählen vor allem vermögende Juden. Nähere Anordnungen ergehen noch im Laufe dieser Nacht.

4. Sollten bei den kommenden Aktionen Juden im Besitz von Waffen angetroffen werden, so sind die schärfsten Massnahmen durchzuführen. Zu den Gesamtaktionen können herangezogen werden Verfügungstruppen der SS sowie Allgemeine SS. Durch entsprechende Massnahmen ist die Führung der Aktionen durch die Stapo auf jeden Fall sicherzustellen.“

Befehl des Gruppenführers an den Stabsführer der Gruppe zu antijüdischen Demonstrationen

„Sämtliche jüdischen Geschäfte sind sofort von SA-Männern in Uniform zu zerstören, und eine SA-Wache aufzuziehen, die dafür sorgt, dass keinerlei Wertgegenstände entwendet werden können. Die Presse ist heranzuziehen. Synagogen sind sofort in Brand zu stecken, jüdische Symbole sind sicherzustellen. Die Feuerwehr

darf nicht eingreifen. Es sind nur Wohnhäuser arischer Deutscher zu schützen, allerdings müssen die Juden raus, da Arier in den nächsten Tagen dort einziehen werden. Der Führer wünscht, dass die Polizei nicht eingreift. Sämtliche Juden sind zu entwaffnen, bei Widerstand sofort über den Haufen schießen. An den zerstörten jüdischen Geschäften, Synagogen usw. sind Schilder anzubringen: ‚Rache für Mord an vom Rath’, ‚Tod dem internationalen Judentum’.“

10. November 1938

Fernschreiben des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei zu Maßnahmen gegen Juden in der heutigen Nacht

„a) Es dürfen nur solche Maßnahmen getroffen werden, die keine Gefährdung deutschen Lebens oder Eigentums mit sich bringen (z.B. Synagogenbrände nur, wenn keine Brandgefahr für die Umgebung vorhanden ist); b) Geschäfte und Wohnungen von Juden dürfen nur zerstört, nicht geplündert werden. Die Polizei ist angewiesen, die Durchführung dieser Anordnung zu überwachen und Plünderer festzunehmen. c) In Geschäftsstrassen ist besonders darauf zu achten, dass nicht jüdische Geschäfte unbedingt gegen Schäden gesichert werden. d) Ausländische Staatsangehörige dürfen – auch wenn sie Juden sind – nicht belästigt werden.

2) Unter der Voraussetzung, dass die unter 1) angegebenen Richtlinien eingehalten werden, sind die stattfindenden Demonstrationen von der Polizei nicht zu verhindern, sondern nur auf die Einhaltung der Richtlinien zu überwachen.

3) Sofort nach Eingang dieses Fernschreibens ist in allen Synagogen und Geschäftsräumen der jüdischen Kultusgemeinden das vorhandene Archivmaterial polizeilich zu beschlagnahmen (…).

5) Sobald der Ablauf (…) die Verwendung der eingesetzten Beamten (…) zulässt, sind (…) so viele Juden – insbesondere wohlhabende – festzunehmen, als (…) untergebracht werden können. (…)

Nach Durchführung der Festnahme ist unverzüglich mit den zuständigen Konzentrationslagern wegen schnellster Unterbringung der Juden (…) Verbindung aufzunehmen.“

11. November 1938

Verordnung gegen den Waffenbesitz der Juden (RGBI I 1938, S. 1573)

„Juden ist der Erwerb, der Besitz und das Führen von Schusswaffen und Munition sowie von Hieb- und Stoßwaffen verboten. Sie haben die in ihrem Besitz befindlichen Waffen und Munition unverzüglich der Ortspolizei abzuliefern. Die Waffen und Munition fallen entschädigungslos an das Reich.“

12. November 1938

Verordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit (RGBl. I S. 1579)

„Die feindliche Haltung des Judentums gegenüber dem deutschen Volk und Reich, die auch vor feigen Mordtaten nicht zurückschreckt, erfordert entschiedene Abwehr und harte Sühne. Ich bestimme daher (…) das Folgende:
§ 1
Den Juden deutscher Staatsangehörigkeit in ihrer Gesamtheit wird die Zahlung einer Kontribution von 1.000.000.000 Reichsmark an das Deutsche Reich auferlegt.“

Verordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben (RGBl. I S. 1580):

„Juden (…) ist vom 1. Januar 1939 an der Betrieb von Einzelhandels-, Versandgeschäften oder Bestellkontoren sowie der selbständige Betrieb eines Handwerks untersagt. Ferner ist ihnen (…) verboten, auf Märkten, Messen oder Ausstellungen Waren oder gewerbliche Leistungen anzubieten oder Bestellungen darauf anzunehmen. Jüdische Gewerbebetriebe (…), die entgegen dem Verbot geführt werden, sind polizeilich zu schließen. Ein Jude kann vom 1. Januar 1939 an nicht mehr Betriebsführer im Sinne des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. Januar 1934 (…) sein. Ist ein Jude als leitender Angestellter in einem Wirtschaftsunternehmen, so kann ihm (…) gekündigt werden.  Mit Ablauf der Kündigungsfrist erlöschen alle Ansprüche des Dienstverpflichteten aus dem gekündigten Vertrage, insbesondere auch Ansprüche auf Versorgungsbezüge und Abfindungen. Ein Jude kann nicht Mitglied einer Genossenschaft sein.“

Verordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan zur Wiederherstellung des Straßenbildes bei jüdischen Gewerbebetrieben (RGBl. I S. 1581)

„§ 1
Alle Schäden, welche durch die Empörung des Volkes über die Hetze des internationalen Judentums gegen das nationalsozialistische Deutschland am 8., 9. und 10. November 1938 an jüdischen Gewerbebetrieben und Wohnungen entstanden sind, sind von dem jüdischen Inhaber oder Gewerbetreibenden sofort zu beseitigen.

§ 2
(1) Die Kosten der Wiederherstellung trägt der Inhaber der betroffenen jüdischen Gewerbebetriebe und Wohnungen.

(2) Versicherungsansprüche von Juden deutscher Staatsangehörigkeit werden zugunsten des Reiches beschlagnahmt.“

14. November 1938

Anordnung des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei zu den inhaftierten Juden

„Jüdische Schutzhäftlinge, die nach den Novemberpogromen in Konzentrationslager gebracht wurden, werden entlassen, wenn sie im Besitz von Ausreisepapieren sind oder sie für die Aufrechterhaltung ihres Betriebes unentbehrlich sind.“

15. November 1938

Runderlass des Reichsministers für Erziehung und Unterricht über den Schulbesuch jüdischer Kinder

„Nach der ruchlosen Mordtat von Paris kann es keinem deutschen Lehrer (...) mehr zugemutet werden, an jüdische Schulkinder Unterricht zu erteilen. Auch versteht es sich von selbst, dass es für deutsche Kinder unerträglich ist, mit Juden in einem Klassenraum zu sitzen. (…)
(Ich) ordne daher mit sofortiger Wirkung an:
Juden ist der Besuch deutscher Schulen nicht gestattet. Sie dürfen nur jüdische Schulen besuchen. (…) Diese Regelung erstreckt sich auf alle mir unterstellten Schulen, einschließlich der Pflichtschulen.“

17. November 1938

Italien – Gesetz zum „Schutz der italienischen Rasse“

Juden dürfen nur noch untereinander heiraten, bestehende „Mischehen“ sollen annulliert werden. Juden dürfen nicht mehr im Militär oder im öffentlichen Dienst tätig sein, und sie müssen das Parteibuch des Partito Nazionale Fascista zurückgeben. Juden wird verboten, mehr als 50 Hektar  Grund zu  besitzen  oder  größere  Firmen  zu  leiten.

19. November 1938

Verordnung über die öffentliche Fürsorge der Juden (RGBl. I S. 1649)

„Juden (…) sind im Fall der Hilfsbedürftigkeit auf die Hilfe der jüdischen freien Wohlfahrtspflege zu verweisen. Soweit diese nicht helfen kann, greift die öffentliche Fürsorge ein. Die Voraussetzungen (…) sind streng zu prüfen. Gewährt werden Unterkunft, Nahrung, Kleidung, Krankenpflege (…) und soweit erforderlich, ärztliche Behandlung. Nötigenfalls ist der Bestattungsaufwand zu bestreiten. (…) weitere Hilfe wird Juden nicht gewährt. (…) Es gelten weitere Erschwerungen. Eine über Abs.1 hinaus gehende Hilfe kann gewährt werden, wenn sie die Auswanderung fördert oder sonst im öffentlichen Interesse liegt.“

29. November 1938

Erste Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des Brieftaubengesetzes (RGBl. I S. 1749f.)

„Juden wird die Erlaubnis [zum Halten von Brieftauben] nicht erteilt“.

3. Dezember 1938

Erlass des Reichsführers SS und Chefs der deutschen Polizei über die Entziehung der Führerscheine und Zulassungspapiere der Juden

„… untersage ich mit sofortiger Wirkung sämtlichen in Deutschland wohnenden Juden deutscher Staatsangehörigkeit das Führen von Kraftfahrzeugen aller Art und entziehe ihnen hiermit die Fahrerlaubnis. [Ihnen] ist das Halten von Personenkraftwagen und Krafträdern (…) verboten.“

8. Dezember 1938

Erlass des Reichsministers für Erziehung und Unterricht über den Universitätsbesuch

Juden werden vom Besuch der Universitäten ganz ausgeschlossen.

12. Dezember 1938

Erlass des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei

„Alle jüdischen Schutzhäftlinge, die über 50 Jahre alt sind, sind zu entlassen. Die Freigelassenen haben sich sofort bei den Polizeibehörden zu melden.“ -
“Bei der Entlassung hatten die Häftlinge ein Revers zu unterschreiben, in dem sie sich unter Androhung von erneuter KZ-Haft verpflichteten, über alles im Lager Erlebte Stillschweigen zu bewahren. Nach der Heimkehr in ihren Wohnort unterlagen die ehemaligen Häftlinge der polizeilichen Meldepflicht. Dabei ging es nicht nur um eine Kontrolle des Aufenthaltsortes, sondern auch der Bemühungen zur Auswanderung.“

20. Dezember 1938

Runderlass des Präsidenten der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitsversicherung

Arbeitslose Juden, die aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden, werden zu Zwangsarbeit verpflichtet. Die geschlossenen Zwangsarbeitslager werden von zahlreichen Firmen der Elektro- und Metallindustrie genutzt.

21. Dezember 1938

Hebammengesetz (RGBl I, S. 1893-1896)

Die Anerkennung als Hebamme ist zu versagen, wenn die Bewerberin Jüdin ist.

28. Dezember 1938

Anordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan

„Mit einer Anordnung vom 28.  Dezember 1938 verfügte Göring für bestimmte Bereiche eine Art Judenbann.  So wurde Juden die Benutzung von Schlafwagen und Speisewagen ganz allgemein untersagt.  Ferner konnte der Judenbann für Badeanstalten, öffentliche Plätze oder Badeorte ausgesprochen werden. Zugleich wurden restriktive antijüdische Maßnahmen über Mietverhältnisse getroffen.  Differenzierend wurde erstmals zwischen ‚privilegierten‘ und ‚nicht privilegierten Mischehen‘ unterschieden.“

21. Februar 1939

Dritte Anordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden (RGBl. 1939 I, S. 282)

Alle Juden deutscher Staatsangehörigkeit müssen alle in ihrem Eigentum befindlichen „Gegenstände aus Gold, Platin oder Silber sowie Edelsteine und Perlen binnen zwei Wochen (…) an die vom Reich eingerichteten öffentlichen Ankaufstellen“ abliefern.

25. Februar 1939

Runderlass des Reichsministeriums des Inneren zur Auswanderung der Juden

„Es müssen alle Anstrengungen gemacht werden, um die Auswanderung von Juden zu fördern.
Um die Auswanderung bedürftiger Juden zu ermöglichen, ist eine Auswanderungssteuer von wohlhabenden jüdischen Auswanderern zu erheben. Zurzeit ist die Einziehung der Steuer den jüdischen Kultusvereinigungen auferlegt; mit der Errichtung der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland wird ihr die Beitreibung der Steuer übertragen.“

15. März 1939

Erlass des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei zur illegalen Auswanderung von Juden

„Die ungesetzliche Auswanderung ist unverzüglich zu verhindern. Die Flüchtigen und ihre Helfer sind festzunehmen und in Konzentrationslager einzuliefern.“

30. April 1939

Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden (RGBl. I S. 864)

„Ein Jude kann sich auf den gesetzlichen Mieterschutz nicht berufen, wenn der Vermieter bei der Kündigung durch eine Bescheinigung der Gemeindebehörde nachweist, dass für die Zeit nach Beendigung des Mietverhältnisses die anderweitige Unterbringung des Mieters sichergestellt ist. Dies gilt nicht, wenn auch der Vermieter Jude ist.“

4. Mai 1939

Runderlass zur Durchführung des Gesetzes über Mietverhältnisse mit Juden

„Soweit erforderlich, kann der den Juden zur Verfügung zu stellende Raum eingeengt werden, insbesondere durch Unterbringung mehrerer jüdischer Familien in den von Juden bewohnten größeren Wohnungen.“ Die von nichtjüdischen Vermietern gekündigten Juden sollen in Häuser umziehen, die in jüdischem Eigentum stehen. Dadurch entstehen Judenhäuser mit Mietern eines jüdischen Eigentümers.

4. Juli 1939

Zehnte Verordnung zum Reichsbürgergesetz (RGBl. I S. 1097)

Unter Aufsicht des Reichsministeriums des Inneren wird eine Reichsvereinigung der Juden in Deutschland geschaffen. Die Zwangsorganisation „hat den Zweck, die Auswanderung der Juden zu fördern.“ Die Reichsvereinigung ist außerdem „Träger des jüdischen Schulwesens“ und der „freien jüdischen Wohlfahrtspflege“. Alle staatsangehörigen oder staatenlosen Juden mit „Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Reichsgebiet“ gehören der Vereinigung an.

1. September 1939

Mit Kriegsbeginn wird eine Ausgangssperre für Juden verhängt: im Sommer ab 20 Uhr und im Winter ab 21 Uhr.

12. September 1939

Erlass des Chefs der Sicherheitspolizei über die Zuweisung von besonderen Lebensmittelgeschäften für Juden

Juden werden besondere Geschäfte für den Ankauf von Lebensmitteln zugewiesen.

20. September 1939

Erlass des Reichssicherheitshauptamtes zur Beschlagnahme von Rundfunkapparaten

Juden deutscher Staatsangehörigkeit und staatenlosen Juden wird es verboten, Rundfunkempfänger zu besitzen.

Oktober 1939

Erlass des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei

„Alle Juden, die irgendeiner Anweisung nicht sofort nachkommen oder ein staatsabträgliches Verhalten zeigen, sind sofort zu verhaften und in ein Konzentrationslager zu schaffen.“

23. November 1939

Einführung des Judensterns in den von Deutschland besetzten polnischen Gebieten für Juden über sechs Jahren.

10. April 1940

Erlass des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei

Für alle in den Konzentrationslagern inhaftierten jüdischen „Schutzhäftlinge“ wird für die Dauer des Krieges eine allgemeine Entlassungssperre verhängt, es sei denn, ihre Auswanderung ist bereits vorbereitet.

4. Juli 1940

„Für den Einkauf von Lebensmitteln durch Juden wird in Berlin die Stunde von 4.00 bis 5.00 Uhr nachmittags festgesetzt.“

3. Oktober 1940

Die französische Vichy-Regierung erlässt antisemitische Gesetze

„nicht arische“ Bürger werden vom Öffentlichen Dienst, dem Militär, Bildungseinrichtungen, Presse, Rundfunk und Film ausgeschlossen. „Überflüssige“ Juden werden aus den freien Berufen entfernt. Alle ausländischen Juden können in Internierungslager gebracht werden. In der Folge verschärfte sich die Gesetzgebung weiter.

7. Oktober 1940

Die französische Vichy-Regierung widerruft das sogenannte Crémieux-Gesetz von 1871

Juden aus Algerien verlieren ihre französische Staatsbürgerschaft. Wirtschaftsunternehmen im besetzten Frankreich werden „arisiert“.

Oktober 1940

Antisemitische Gesetze in den Niederlanden und in Belgien

Verbote des Schächtens (koscheren Schlachtens), Entlassung von Juden aus dem Öffentlichen Dienst (Lehrer, Professoren), aus den juristischen und journalistischen Berufen. Rundfunkempfänger von Juden werden konfisziert. Die Nürnberger Gesetze von 1935 mit ihrer Definition von „Juden“ werden übernommen.

Juden wird der Zutritt zu Freizeitaktivitäten, Hotels, Restaurants verboten. Jüdische Besitzer von Hotels und Restaurants werden kenntlich gemacht; Wirtschaftsunternehmen in jüdischem Besitz müssen sich registrieren lassen. Juden müssen sich bei den niederländischen und belgischen Behörden registrieren. Personalausweise von Juden werden gekennzeichnet. Jüdische Vermögen in den Niederlanden müssen auf Sperrkonten bei der Bank Lippmann-Rosenthal deponiert werden.

12. Dezember 1940

Runderlass des Reichsministers des Innern zur Aufnahme jüdischer Geisteskranker

"Geisteskranke Juden" dürfen nur noch in der von der Reichsvereinigung unterhaltene Israelitische Heil- und Pflegeanstalt in Bendorf-Sayn im Kreis Koblenz aufgenommen werden, da ein "Zusammenwohnen Deutscher mit Juden auf die Dauer nicht tragbar ist".

31. Mai 1941

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In Belgien müssen Juden ihren Besitz registrieren. Verkäufe bedürfen der Genehmigung der deutschen Besatzer, der Erlös muss auf Sperrkonten deponiert werden. Juden werden von der Arbeit in Wirtschaftsunternehmen ausgeschlossen. Ihre Rundfunkempfänger werden konfisziert. 

2. Juni 1941

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Die französische Vichy-Regierung zwingt Juden in der unbesetzten „Freien Zone“ zur Registrierung.

August 1941

Auswanderungssperre für wehrfähige Juden

„Juden der wehrfähigen Jahrgänge (18 bis 45 Jahre alt)“ wird die Auswanderung nicht mehr gestattet.

1. September 1941

Polizeiverordnung des Reichsministers des Innern über die Kennzeichnung der Juden (RGBl. I S. 547):

„Jude(n …), die das sechste Lebensjahr vollendet haben, ist es verboten, sich in der Öffentlichkeit ohne einen Judenstern zu zeigen. Der Judenstern besteht aus einem handtellergroßen, schwarz ausgezogenen Sechsstern aus gelbem Stoff mit der schwarzen Aufschrift ‚Jude‘. Er ist sichtbar auf der linken Brustseite des Kleidungsstücks fest aufgenäht zu tragen. Juden ist es verboten,

a) den Bereich ihrer Wohngemeinde zu verlassen, ohne eine schriftliche Erlaubnis der Ortspolizeibehörde bei sich zu führen;

b) Orden, Ehrenzeichen und sonstige Abzeichen zu tragen.“

24. September 1941

Allgemeine Verfügung des Reichsministers des Innern zu Erbschaften zugunsten von Juden

„Verfügungen von Todes wegen, durch die ein Jude von einem ‚Deutschblütigen‘ bedacht wird, sind nichtig. Sie stehen in scharfem Gegensatz zum gesunden deutschen Volksempfinden und sind daher aufgrund des Erbgesetzes vom 31. Juli 1938 unwirksam.”

23. Oktober 1941

Erlass des Reichssicherheitshauptamtes betr. das Verbot der Auswanderung von Juden

Es wird „angeordnet, dass die Auswanderung von Juden mit sofortiger Wirkung zu verhindern ist“

24. Oktober 1941

Runderlass des Reichssicherheitshauptamtes zum Verhalten „Deutschblütiger“ gegenüber Juden

„Deutschblütige“ Personen, die freundschaftliche Beziehungen zu Juden aufrechterhalten und sich mit ihnen in der Öffentlichkeit zeigen, sind „aus erzieherischen Gründen vorübergehend in Schutzhaft zu nehmen bzw. in schwerwiegenden Fällen bis zur Dauer von drei Monaten in ein Konzentrationslager, Stufe I, einzuweisen. Der jüdische Teil ist in jedem Fall bis auf weiteres unter Einweisung in ein Konzentrationslager in Schutzhaft zu nehmen.“

4. November 1941

Schnellbrief des Reichsministeriums der Finanzen betr. die Abschiebung von Juden

„Juden, die nicht in volkswirtschaftlich wichtigen Betrieben beschäftigt sind, werden in den nächsten Monaten in die Ostgebiete abgeschoben. Das Vermögen der abzuschiebenden Juden wird zugunsten des Deutschen Reichs eingezogen, außer 100 Reichsmark und 50 kg Gepäck je Person. Die abzuschiebenden Juden haben der Gestapo vorher ein Vermögensverzeichnis einzureichen. Außerdem gibt es genaue Anweisungen an die Oberfinanzdirektionen hinsichtlich der Verwaltung und Verwertung des eingezogenen Vermögens.“

13. November 1941

Verfügung des Reichssicherheitshauptamtes betr. Schreibmaschinen u.a.

„Sämtliche in jüdischem Privatbesitz befindlichen Schreibmaschinen, Rechenmaschinen, Vervielfältigungsapparate, Fahrräder, Fotoapparate und Ferngläser sind zu erfassen und abzuliefern.“

20. November 1941

Allgemeine Verfügung des Reichsministeriums der Justiz betr. die Meldung jüdischer Gefangener

„Alle jüdischen Gefangenen sind sechs Wochen vor ihrer Entlassung aus der Vollzugsanstalt der Geheimen Staatspolizei zu melden, damit über ihre weitere Behandlung entschieden werden kann.“ Dies gab der Gestapo die Gelegenheit, die Entlassenen erneut in Haft zu nehmen.

25. November 1941

Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz (RGBl. I S. 722)

„Ein Jude, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, kann nicht deutscher Staatsangehöriger sein. Der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland ist dann gegeben, wenn sich ein Jude im Ausland unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er dort nicht nur vorübergehend verweilt. (…)

Ein Jude verliert die deutsche Staatsangehörigkeit

a) wenn er beim Inkrafttreten dieser Verordnung seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, mit dem Inkrafttreten der Verordnung,

b) wenn er seinen gewöhnlichen Aufenthalt später im Ausland nimmt, mit der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland. (…) Das Vermögen des Juden, der die deutsche Staatsangehörigkeit auf Grund dieser Verordnung verliert, verfällt mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit dem Reich. Dem Reich verfällt ferner das Vermögen der Juden, die bei dem Inkrafttreten dieser Verordnung staatenlos sind und zuletzt die deutsche Staatsangehörigkeit besessen haben, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben oder nehmen.“

27. November 1941

Anordnung des Reichssicherheitshauptamtes betreffend das bewegliche Vermögen der Juden

„Juden ist es grundsätzlich verboten, über ihr bewegliches Vermögen zu verfügen. (…) Verboten sind (…) Veräußerung, Verpfändung, Verschenkung, Verwahrung bei Dritten (…).“

3. Dezember 1941

Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes betr. Spenden an die Reichsvereinigung

Jeder Jude, der zur Abschiebung bestimmt ist, hat an die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland mindestens 25 % seines liquiden Vermögens zu zahlen. Aus diesen Beträgen werden die Abschiebung und der Transport finanziert.

4. Dezember 1941

Verordnung über die Strafrechtspflege gegen Polen und Juden in den eingegliederten Ostgebieten (RGBl. I S. 759)

„Polen und Juden haben sich in den eingegliederten Ostgebieten entsprechend den deutschen Gesetzen und den für sie ergangenen Anordnungen der deutschen Behörden zu verhalten.“ Bei Gewalttaten gegen Deutsche, „deutschfeindliche“ Gesinnung oder Waffenbesitz werden Todesstrafe, Geldstrafen oder Freiheitsstrafen angedroht.

5. Januar 1942

Die deutschen Juden müssen bis zum 16. Januar ihre Pelz- und Wollsachen sowie Skier, Ski- und Bergschuhe abliefern.

7. Januar 1942

Anordnung des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei betr. die Benutzung öffentlicher Fernsprecher

Juden wird die Benutzung öffentlicher Fernsprecher verboten.

17. Februar 1942

Anordnung des Reichssicherheitshauptamtes betr. den Zeitungsbezug u.a.

„Juden sind von der Belieferung von Zeitungen, Zeitschriften, Gesetz- und Verordnungsblättern durch die Post, durch Verlage oder Straßenhändler ausgeschlossen.“

13. März 1942

Erlass des Reichssicherheitshauptamtes betr. die Kennzeichnung der Wohnungen

„Zur Verminderung von Tarnungen werden Juden werden angewiesen, ihre Wohnungen mit einem schwarzen Judenstern an der Eingangstür zu kennzeichnen.“

29. April 1942

In den besetzten Niederlanden müssen Juden in der Öffentlichkeit den Judenstern auf der Kleidung tragen.

15. Mai 1942

Anordnung über das Halten von Haustieren

Juden dürfen keine Haustiere mehr halten, sie aber auch nicht in Pflege geben. Es bleibt nur, sie einschläfern zu lassen.

21. Mai 1942

Bis auf einen Betrag von 250 Gulden müssen Juden in den Niederlanden alle Vermögenswerte bei der Bank Lippmann, Rosenthal & Co abgeben.

27. Mai 1942

Juden in Belgien müssen den Judenstern tragen.

6. Juni 1942

Der deutsche Militärbefehlshaber in Frankreich ordnet an, dass alle Juden ab Vollendung des 6. Lebensjahres den "Judenstern" tragen müssen. Die Anweisung wird nur teilweise befolgt.

20. Juni 1942

In den Niederlanden werden Juden verpflichtet, ihre Fahrräder abzugeben.

7. Juli 1942

Erlass des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung betr. die Schließung jüdischer Schulen

„Im Hinblick auf die Entwicklung der Aussiedlung der Juden in der letzten Zeit hat der Reichsminister des Innern (Reichssicherheitshauptamt) im Einvernehmen mit mir die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland angewiesen, sämtliche jüdische Schulen bis zum 30. Juni 1942 zu schließen und ihren Mitgliedern bekannt zu geben, dass ab 1. Juli 1942 jegliche Beschulung jüdischer Kinder durch besoldete und unbesoldete Lehrkräfte untersagt ist.“

7. August 1942

Anordnung des Reichssicherheitshauptamtes über das Führen von Titeln

„Es ist unerwünscht, dass Juden in Eingaben oder im sonstigen Schriftverkehr mit Behörden ihre früheren Titel oder Berufsbezeichnungen angeben. Im Nichtbefolgensfall haben die Betreffenden mit Weiterungen zu rechnen.“

15. August 1942

Runderlass des Reichsministeriums der Finanzen betr. das Vermögen abgeschobener Juden

„Das Vermögen abgeschobener Juden ist mit deren Grenzübertritt dem Reich verfallen. Verfügungen über Vermögenswerte sind nur rechtswirksam, wenn sie vor dem Verfall vollzogen wurden und die Genehmigung der Devisenstelle vorlag.“

1. September 1942

Anordnung des Reichsministeriums des Innern betr. den Nachlass verstorbener KZ-Häftlinge

„Der Nachlass verstorbener KZ-Häftlinge ist zugunsten des Reichs einzuziehen.“

10. November 1942

Die von der Reichsvereinigung unterhaltene Israelitische Heil- und Pflegeanstalt in Bendorf-Sayn im Kreis Koblenz für jüdische „Geisteskranke“ wird durch Runderlass geschlossen und verbleibende Patienten und Personal deportiert

25. April 1943

Zwölfte Verordnung des Reichsministeriums des Innern zum Reichsbürgergesetz (RGBl. I S. 268)

Mit der Verordnung entstehen zwei neue Kategorien: Staatsbürger auf Widerruf und Schutzangehörige des Deutschen Reiches, die nicht Staatsangehörige sind. Juden und „Zigeuner“ werden zu Staatenlosen erklärt und Schutzangehörige zu Nicht-Staatsangehörigen.

10. Juni 1943

Auflösung der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland

Die Geschäftsstelle wird geschlossen, das Vermögen beschlagnahmt und die verbliebenen Mitglieder deportiert.

1. Juli 1943

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„Strafbare Handlungen von Juden werden durch die Polizei geahndet. Die Polenstrafrechtsverordnung vom 4. Dezember 1941 (…) gilt nicht mehr für Juden. (…) Nach dem Tod eines Juden verfällt sein Vermögen dem Reich.“