Kunstobjekte aus jüdischen Sammlungen im historischen Museum Frankfurt
Beschreibung
Im Dezember 2013 startete im Historischen Museum Frankfurt der letzte, 24 Monate laufende, Abschnitt des von der Arbeitsstelle für Provenienzforschung geförderten Projekts zur systematischen Überprüfung der Zugänge aus den Jahren zwischen 1933 und 1945. Die Kunsthistorikerin Maike Brüggen war von Beginn der Projektlaufzeit bis zum Abschluss mit dieser Aufgabe betraut.
Insgesamt sind in den 12 Jahren der nationalsozialistischen Regierung nach Angaben der Zugangsbücher 403 Gemälde in den Besitz des Museums gelangt, als Stiftungen, Schenkungen, stadtinterne Überweisungen oder Ankäufe. Von den 403 Objekten konnten 131 Objekte nicht mehr aufgefunden werden, sie gelten als Kriegsverlust des Museums, so dass die Zahl der heute noch existenten und zu überprüfenden Gemälde sich auf 272 Werke beläuft.
Davon konnte eine Gruppe von 69 Gemälden als unbedenklich eingestuft werden. Der Großteil davon kam über die sog. Künstlerförderung oder Künstlerhilfe der Stadt Frankfurt in den Museumsbestand. Da die Künstlerförderung zur Aufgabe hatte, bei lebenden Künstlern im Atelier zu erwerben, um so eine Förderung der ortsansässigen Künstler/innen und der Frankfurter Kunstszene zu unterstützen, kann ein NS-verfolgungsbedingter Verlust ausgeschlossen werden. Die weiteren unbedenklichen Zugänge stammten aus nicht-jüdischem Familienbesitz z.B. des Dargestellten oder des Malers, aus Erbgang oder Schenkung oder aus anderweitig freiwilligen, nicht verfolgungsbedingten Verkäufen.
Der Großteil der Gemäldezugänge, 135 Objekte, wird der gelben Kategorie zugeordnet, da Details über Erwerb oder Zugang nicht bekannt sind, nach den absolvierten Recherchen jedoch kein Hinweis auf verfolgungsbedingten Verlust/unfreiwillige Veräußerung etc. erkennbar war.
Bei 37 Objekten haben die Recherchen einen Verdacht ergeben, dass es sich möglicherweise um unfreiwilligen Besitzwechsel gehandelt haben könnte, da die Vorbesitzer entweder jüdische Wurzeln besaßen oder die Kunsthändler, die das entsprechende Objekte gehandelt haben, in anderen Fällen nachweislich mit Objekten aus enteigneten jüdischen Sammlungen gehandelt haben oder zu Ankäufen im besetzten Ausland gewesen waren oder als Schätzer jüdischer Vermögenswerte in den dreißiger Jahren tätig gewesen waren.
In 9 Fällen mussten die Objekte der roten Kategorie zugeordnet werden, da (nahezu) kein Zweifel darüber besteht, dass es sich hierbei um unfreiwilligen Besitzerwechsel in der Zeit zwischen 1933-1945 gehandelt hat.
Bei 22 Gemälden war eine Überprüfung nicht möglich, da aus dem Zugangsbuch nicht hervorgeht, auf welche Weise sie von wem erworben/geschenkt/gestiftet/überwiesen wurden.
Zudem handelt es sich um Gemälde, bei denen zunächst kunsthistorische Grundlagenarbeit notwendig gewesen wäre, da eine Künstlerzuschreibung bisher nicht erfolgt ist und/oder die Angabe des Motivs so allgemein ausfällt, dass eine Überprüfung in den einschlägigen Quellen kein Ergebnis erbracht hätte; Bsp.: „Frankfurter Maler, Landschaft“.
Teile dieser Rechercheergebnisse sind in der neuen, im August 2012 eröffneten Dauerausstellung zu sehen: Der Fokus liegt hier auf der Kunst- und Kunsthandwerkssammlung des Frankfurter Bankiers und Mäzens Julius Heyman. Die Kollektion aus kunsthandwerklichen Objekten sowie Gemälden aus Mittelalter, Renaissance und Barock war zunächst in Heymans Wohnhaus in der Frankfurter Palmstraße 16 in inszenierten Epochenräumen präsentiert worden. Heyman vermachte das Haus mit dem darin befindlichen Kunstgut der Stadt Frankfurt und verfügte, dass das Haus mit dem Inventar der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und als eigene Abteilung dem Historischen Museum (ab 1934 umbenannt in Stadtgeschichtliches Museum) angegliedert werden sollte. Dem Stifterwillen zuwider wurde 1940 die Auflösung der Sammlung beschlossen. Die Kunstobjekte wurden zum Teil an die verschiedenen städtischen Museen, zum Teil in den Kunsthandel gegeben.
Das weiterhin laufende Projekt zielt darauf ab, den Verbleib der verstreuten Objekte der Sammlung Heyman zu erforschen, um diese bedeutende Sammlung zumindest virtuell wieder zu vereinen. Eine Medienstation in der Ausstellung wird in Abständen aktualisiert.
Der erfolgreiche Abschluss eines wichtigen Restitutionsfalles war im Herbst 2013 zu verzeichnen. Das Gemälde „Sommer (Frau und Junge)“ von Hans Thoma konnte erfolgreich an die Erben des Frankfurter Ehepaares Hedwig und Albert Ullmann restituiert werden. Der Vorgang ist ebenfalls auf der Homepage nachvollziehbar.
Darüber hinaus werden auf der Homepage des Museums fortlaufend aktuelle Ergebnisse der Provenienzforschung publiziert.
(c) Historisches Museum Frankfurt
Grunddaten
Forschungsbericht und Materialien
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Literatur & digitale Angebote
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- Verweist aufHenry Thode, Des Meisters Gemälde in 874 Abbildungen, Stuttgart und Leipzig 1909.
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- Verweist aufJürgen Steen, Wolf von Wolzogen, Die Synagogen brennen. Die Zerstörung Frankfurts als jüdische Lebenswelt, Kleine Schriften des Historischen Museums, Bd. 41, Frankfurt am Main 1988
- Verweist aufKarl R. Schültke, Ausstellungen und Galerien in Frankfurt 1898-1938 in: Georg Heuberger Hrsg., Samson Schames. 1898-1967. Bilder und Mosaiken, Jüdisches Museum Frankfurt, Frankfurt am Main 1989, S. 62-70
- Verweist aufKarl R. Schültke, Private Kunstsammlungen in Frankfurt am Main von ihren Anfängen bis zur NS-Zeit, in: Frankfurter Kunstverein [Hrsg.], Kunst nach 1945 aus Frankfurter Privatbesitz, Frankfurt am Main 1983
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- Verweist aufWolfgang Klötzer Hrsg., Frankfurter Biographien, Personengeschichtliches Lexikon, Frankfurt am Main, 1994
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