NS-Raubgut in der Berliner Akademiebibliothek – Systematische Recherche im Monographienzugang bis 1956 und im Sonderbestand NS
Beschreibung
Ziel des Projekts „NS-Raubgut in der Berliner Akademiebibliothek – Systematische Recherche im Monographienzugang bis 1956 und im Sonderbestand NS“ war die systematische Durchsicht ausgewählter Teile des Bestands der Akademiebibliothek nach NS-verfolgungsbedingt entzogenen Büchern sowie die öffentliche Dokumentation der Rechercheergebnisse im Hinblick auf eine spätere Restitution. Im Rahmen der Drittmittelförderung waren Sandra Butte als Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Katy Barthel als Diplombibliothekarin für das Projekt tätig. Die Projektleitung lag bei Dr. Stefan Wiederkehr.
Im Projektverlauf hat sich die Ausgangsthese bestätigt, dass NS-verfolgungsbedingt entzogene Bücher – insbesondere sekundäres Raubgut – Eingang in die Bestände der Akademiebibliothek gefunden haben. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen verfügte die Bibliothek während der NS-Zeit bei gleichzeitiger Nähe der Akademie zum Regime nur über einen minimalen Erwerbungsetat und war zur Bestandserweiterung auf die kostenfreie Übernahme von Büchern angewiesen. Zum anderen wuchsen die Bestände der Akademiebibliothek ab 1950 im Zuge der Sowjetisierung der Akademie in einem vorher nie dagewesenen Tempo, wobei auch – wie die erhalten gebliebenen Akzessionsjournale zeigen – aus verschiedenen Quellen NS-Raubgut übernommen und eingearbeitet wurde.
Zu den normalen Beständen kommt der insgesamt als verdächtig einzustufende sog. „NS-Bestand“, ein geschlossener Sonderbestand von ca. 12.000 Bänden, für den die Akteure in der Zeit der DDR die „Notwendigkeit [sahen], ihn ständig unter Verschluss zu halten, da es sich zu einem großen Teil um faschistische und militaristische Literatur handelt“. Den NS-Bestand übernahm die Akademiebibliothek 1993 von Vorgängerinstitutionen, die diesen wiederum über die 1945 bis 1946 tätige Bücherbergungsstelle erhalten hatten. Die überwiegende Zahl der Bände trägt Eigentumsvermerke von Vorbesitzern, die die Grundlage der Provenienzrecherche bilden.
Im Laufe des Projekts wurden 3.360 aufgrund der Akzessionsjournale oder der Aktenlage als verdächtig bewertete Zugänge im Magazin geprüft und systematisch nach Provenienzspuren durchgesehen. Bei 2.395 dieser Zugänge besteht ein Raubgutverdacht im engeren Sinne. Bei 31 Zugängen handelt es sich eindeutig um NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut.
Diejenigen verdächtigen Zugänge, die Provenienzspuren enthalten, wurden gemäß den Weimarer Empfehlungen zur Provenienzerschließung im Gemeinsamen Bibliotheksverbund (GBV) erschlossen und auf diese Weise für die Öffentlichkeit transparent gemacht. Im OPAC der Akademiebibliothek (http://vzopc4.gbv.de) sind sie über eine Schlagwortsuche mit dem Suchbegriff „NS-Raubgut“ recherchierbar. Darüber hinaus wurde gemeinsam mit der Koordinierungsstelle Magdeburg die automatisierte Übermittlung der im OPAC der Akademiebibliothek als verdächtig gekennzeichneten Bände an die Lost Art-Datenbank und die regelmäßige Aktualisierung des Nachweises eingerichtet.
Ergebnisse in Zahlen
Anzahl der untersuchten Zugänge sortiert nach Objektart: 15448 (100 %)
Anzahl der Zugänge mit eindeutig belasteter Provenienz: 31 (0,2 %)
Anzahl der Zugänge mit eindeutig unbelasteter Provenienz: 11056 (71,6 %)
Anzahl der Zugänge mit unklarer Provenienz / Provenienzlücken1: 4361 (28,2 %)
Anzahl der Restitutionsverfahren2:: 0 (0 %)
Anzahl der an Lost Art gemeldeten Zugänge3: 1223 (7,9 %)
1) Darin enthalten sind auch sämtliche Zugänge, bei denen aufgrund der Akzessionsjournale und/oder der in Autopsie erhobenen Provenienzspuren ein Raubgutverdacht besteht, der noch nicht einwandfrei bestätigt werden konnte.
2) Die Restitution war von Anfang an nicht als Teil des Projekts in seinem 2011 beantragten 12-monatigen Umfang geplant und wird in anderem Rahmen stattfinden.
Veröffentlichungen
· Barthel, Katy/Butte, Sandra/Wiederkehr, Stefan: NS-Raubgut in der Berliner Akademiebibliothek. Vortrag beim 5. Kongress Bibliothek und Information Deutschland (Leipzig, 12.03.2013), [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0290-opus-14601].
· Butte, Sandra/Wiederkehr, Stefan: „... da Mittel zur Anschaffung von Büchern überhaupt nicht zur Verfügung stehen.“ NS-Raubgut in der Berliner Akademiebibliothek. Ein Werkstattbericht. In: Bibliothek. Forschung und Praxis 37 (2013) H. 2, S. 220-228.
· Butte, Sandra/Wiederkehr, Stefan: „Meinem lieben Neffen zur Erinnerung...“ Die Recherche nach NS-Raubgut in der Akademiebibliothek. In: Die Akademie am Gendarmenmarkt 2013/14 / Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Berlin 2013, S. 72f.
· Wiederkehr, Stefan: Die Akademiebibliothek. In: Jahrbuch 2012 / Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Berlin 2013, S. 420-425.
(c) Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Grunddaten
Forschungsbericht und Materialien
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Inhaltliche Bezüge
Personen/Körperschaften
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