Anhaltische Gemäldegalerie Dessau
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Biographical details
Die Anhaltische Gemäldegalerie Dessau entstand 1927 faktisch als ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer juristisch selbständiger Institutionen, die ihr Sammlungsgut in die gemeinsame Galerie einbrachten, ohne jedoch ihr Eigentum daran aufzugeben. Dies waren die Stadt Dessau, der Staat Anhalt, die Joachim-Ernst-Stiftung als Sachwalter eines großen Teils der herzoglichen Sammlungen sowie die Amalienstiftung. Die Eröffnung der Anhaltischen Gemäldegalerie erfolgte am 17. September 1927. Domizil der Galerie war das Palais Reina in der Dessauer „Kavalierstraße 5/6, Ecke Friedrichstraße (heute Stadtpark)“, welches bereits im Frühjahr 1927 bezogen werden konnte.
Bis in die 1930er erfolgten weitere Erwerbungen vor allem aus dem ehemaligen Herzogshaus erworben, da die Aufbewahrungsbedingungen im Gotischen Haus problematisch waren. Nach 1933 wurden einige dieser Werke zurückgegeben. Zwischen 1934 und 1937 wurden viele Werke aus der Joachim-Ernst-Stiftung übernommen, finanziell unterstützt vom Anhaltischen Staatsministerium. Die Gemäldegalerie erhielt Zugriff auf Kunstwerke aus verschiedenen Schlössern. Neue Werke wurden auch durch den Ankauf von deutschen Künstlern der Gegenwart und regionalen Erwerbungen gewonnen. Nach 1937 gab es nur noch wenige Neuerwerbungen, und private Erwerbungen waren selten. Die meisten erworbenen Werke hatten regionale Bedeutung und waren gegenständlich.
Nachdem Galeriedirektor Grote ausgeschieden war, wurden einige Werke der sogenannten "Entarteten Kunst" auf Anordnung von Gauleiter Loeper für eine Schandausstellung konfisziert. Im Frühjahr 1935 wurden Werke aus besitz der Gemäldegalerie in dem Keller des Messelhauses, dem Sitz des Gauleiters, gefunden und 1937 vorübergehend zurückgegeben, bevor sie später erneut beschlagnahmt wurden. Die Beschlagnahme erfolgte offenbar während Händlers Urlaub im Sommer 1937. Im Rahmen der „Entartete Kunst"-Aktion mussten 14 Gemälde und 120 Grafiken aus der Galerie abgegeben werden. Ein Teil der Werke wurde später über Kunsthändler verkauft, darunter bekannte Arbeiten von Paul Klee. Im Gegensatz zu einigen anderen Museen wurde der Anhaltischen Gemäldegalerie jedoch kein Geldbetrag aus dem Verkauf erstattet.
Bereits ab 2. September 1939 begann die Auslagerung eines großen Teils der Gemälde – insbesondere der Großformate – in das Zerbster Schloss. Die Objekte wurden im Keller deponiert und teilweise später an andere Orte ausgelagert. Bereits im November 1939 waren die Ausstellungsräume im Obergeschoss des Palais Reina leer geräumt. Hier fanden nun Sonderausstellungen statt. Anfang 1940 konnten außerdem zwei Luftschutzräume im Erdgeschoss des Palais Reina fertig gestellt werden, in welche weitere Sammlungsobjekte verbracht wurden. Außerdem gab es dort einen Luftschutzkeller, in welchen u. a. die Unterlagen zum Sammlungsbestand gebracht wurden. Letztere wurden später zunächst ins Schloss Zerbst, dann in den Kalischacht Solvayhall ausgelagert, wo sie 1945 teils von amerikanischen, teils von russischen Einheiten mitgenommen wurden. Weitere Auslagerungsort wurden später u. a. der Tresor der Landeskasse, ein Luftschutzbunker in Dessau-Süd, Forstämter, Pfarrhäuser und Schulen. Ab 1943 war der größte Auslagerungsort für die Galerie der Kalischacht Solvayhall.
Die ausgelagerten Objekte im Zerbster Schloss, welche später nicht an weitere Orte verlagert wurden, wurden größtenteils infolge der Zerstörung des Schlosses durch den Luftangriff vom 16. April 1945 vernichtet. In einigen Auslagerungsorten kam es zu Diebstählen. Von den 400 im Schloss Mosigkau befindlichen Gemälden wurden 70 ebenfalls nach Solvayhall ausgelagert, 330 verblieben im Schloss und wurden mit Ausnahme einzelner bereits gestohlener Kunstwerke nach Kriegsende von ukrainischen Truppen abtransportiert. Von den aus der Gemäldesammlung der Galerie stammenden und in Solvayhall eingelagerten Kunstwerken gelten derzeit 56 Objekte als Kriegsverluste. Die wenigen im Palais Reina verbliebenen Gemälde fielen der Zerstörung des Palais‘ durch den Luftangriff vom 28. Mai 1944 zum Opfer. Davon war auch der Akten- und Bibliotheksbestand der Galerie sowie des Anhaltischen Landeskonservators betroffen. Ein Teilbestand konnte gerettet bzw. geborgen werden.
U. a. wurden etwa drei Viertel der 1948/52 im Gesamtverzeichnis erfassten 40 Positionen aus der Bodenreform restituiert. Eine Restitution betraf ein Objekt aus dem Kontext der 1944 erfolgten Auslagerungen privaten Sammlungsguts nach Solvayhall. Weitere Restitutionen erfolgten an das frühere Herzogshaus sowie das Haus Schaumburg-Lippe. Einzelne Werke wurden im Anschluss an die Restitution wieder durch die AGD angekauft, darunter 2008/2009 von der Erbengemeinschaft des ehemaligen Dessauer Herzogshauses.
Einzelne Werke wurden im Anschluss an die Restitution wieder durch die AGD angekauft, darunter 2008/2009 von der Erbengemeinschaft des ehemaligen Dessauer Herzogshauses.
Network
Personen/Körperschaften
- GeschäftsbeziehungDie Sammlungsbestände der Anhaltischen Gemäldegalerie speisten sich bei ihrer Gründung aus mehreren großen Sammlungskonvoluten - den Kunstsammlungen der Amalienstiftung und der Joachim-Ernst-Stiftung sowie der Stadt Dessau und des Staats Anhalt. Der im Katalog der Amalienstiftung von 1913 aufgelistete Kunstbesitz wurde 1927 bis auf wenige Ausnahmen als Leihgabe an die Gemäldegalerie übergeben. Diese Leihgabe gelangte 1950 mit dem rechtskräftigen Erlöschen der Stiftung in das Eigentum der Gemäldegalerie.22.10.2020
- gefördert vonDer Anhaltische Kunstverein unterstützte die Arbeit der Gemäldegalerie durch seine regelmäßigen Sonderausstellungen in erheblichem Maße. Sie stellten bereits bei der Gründung der Gemäldegalerie moderne Kunst in den Ausstellungsräumen neben denen der Galerie aus, während diese keine moderne Kunst ausstellten.22.10.2020
- Verweist aufMöglicherweise befinden sich Objekte aus der ehemaligen jüdischen Anhalt-Loge heute im Besitz der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau.assumed,22.10.2020
- DirektorSeit Februar 1943 bis ungefähr 1945 war der deutsche Maler Peter Foerszer Galeriedirektor an der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau. Im März 1945 widersetzte er sich ausdrücklich dem „Nero-Befehl“ des Gauleiters Rudolf Jordan zur Vernichtung der Kunstwerke, die in den Braunschweiger Dom verbracht und dort gesprengt werden sollten. Er kümmerte sich bis zu seiner Flucht nach Helmstedt bzw. Frankfurt/Main Ende 1947 um die Inspektion und Rückführung der Sammlungsbestände, welche insgesamt noch bis Mai 1949 andauerte.22.10.2020
- GründerLudwig Grote war Gründer und Direktor der Anhaltinischen Gemäldegalerie Dessau. (1927-1933)16.03.2017
- GeschäftsbeziehungBei der Kunsthandlung Carl Nicolai, Berlin erwarb die Anhaltische Gemäldegalerie Dessau zwischen 1927 und 1930 fünf Gemälde sowie ein weiteres 1933.22.10.2020
- DirektorSeit Januar 1933 hat Gerhard Händler als Volontär an der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau gearbeitet. Er übernahm - zunächst kommissarisch bis 1939, später regulär - als Generaldirektor die Leitung der Galerie, bis er im Februar 1943 zur Wehrmacht einberufen wurde.22.10.2020
- MitarbeiterDr. Julie Harksen war 1928/31 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau tätig. Während dieser Zeit (1929) promovierte sie bei Prof. Leo Bruns in Leipzig und kam anschließend im Juni 1937 für ein unentgeltliches Volontariat an die Galerie zurück. 1943 wurde daraus schließlich eine feste Stelle. Gemeinsam mit ihrer Schwägerin Marie-Luise Harksen (1901-1986) kümmerte sie sich insbesondere um die Katalogisierung der Sammlung mit dem Ziel der Herausgabe eines neuen Katalogs, welcher jedoch nicht mehr erschien.22.10.2020
- GeschäftsbeziehungDie Anhaltische Gemäldergalerie Dessau kaufte zwischen 1936 und 1941 acht Gemälde über die 1935 gegründete Berliner Kunsthandlung Dr. W. A. Luz, für welche bekannt ist, dass „Luz als Kunstsachverständiger für die Reichskulturkammer tätig“ war und „Geschäftsbeziehungen zu zahlreichen deutschen Museen und zu Privatsammlern aus Wirtschaft und Politik, darunter auch Adolf Hitler und Hermann Göring“ pflegte.22.10.2020
- GeschäftsbeziehungDie Anhaltische Gemäldegalerie hat 1937 zwei Gemälde erworben, dessen Verkäufer unbekannt sind, aber über Etiketten ein Bezug zur Berliner Spedition Gustav Knauer herzustellen ist. Die Spedition spielte nicht nur im Rahmen der „nationalsozialistischen Beschlagnahmeaktion ‚Entartete Kunst‘ … eine zentrale Rolle“, sondern lagerte auch „Besitztümer jüdischer Emigranten“ ein.22.10.2020
- GeschäftsbeziehungBei der Kunsthandlung Gerstenberger in Chemnitz kaufte die Anhaltische Gemäldegalerie Dessau für mindestens 5600 RM Kunstgegenstände. Darunter ein Gemälde, für welches derzeit ein NS-verfolgungsbedingter Entzug nicht ausgeschlossen werden kann.22.10.2020
- Verweist aufEin Konvolut von ursprünglich 109 Blättern der Chalcographischen Gesellschaft Dessau, das aus der Sammlung des jüdischen Sanitätsrats Dr. Julius Liebeschütz stammt, befindet sich vermutlich seit März 1939 in der Grafiksammlung der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau. Seitens der Töchter Erna und Gerda Liebeschütz war im Hinblick auf die Sammlung allerdings angegeben worden, dass der Verkauf im Juni 1940 von Berlin aus über die Kunsthandlung Börner/Leipzig erfolgt sei, welche für die Vermittlung des Geschäftes mit der Dessauer Gemäldegalerie 1000,- RM erhalten habe, und dass der Kaufpreis der Sammlung bei 6.000,- RM gelegen habe. Der Verkauf der Sammlung war vermutlich notwendig, um die Judenvermögensabgabe zu bezahlen und den Lebensunterhalt der Familie zu bestreiten, die ab 1935 unter schwierigen Bedingungen in Berlin lebte.22.10.2020
- Verweist aufEs befinden sich drei Gemälde aus dem ehemaligen Besitz des Sammlers Otto Seelmann in der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau. Die Erwerbung war bereits vor oder bald nach 1945 bis 1948. Der Vorbesitzer ist unbekannt, doch ein Erwerb aus der Sammlung Hans Seelmanns ist nicht ausgeschlossen und gilt evtl. als NS-verfolgungsbedingter Entzug.22.10.2020
- GeschäftsbeziehungDie Anhaltische Gemäldegalerie hat zahlreiche Kunstgegenstände bei Dr. Werner Spielmeyer erworben. Diese Ankäufe bei Spielmeyer erfolgten nachweislich von der unmittelbaren Nachkriegszeit an bis 1990. Darunter waren nachweislich auch Objekte aus früherem herzoglichem Besitz, u. a. die 1958 angekauften „altdeutschen Zeichnungen“.22.10.2020
References
Forschungsprojekte
Archivalien
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- Wird angeführt inBestand Magistrat der Stadt Dessau: Anhaltische Gemäldegalerie31.05.2021
- Bestandsinformation
Literatur & digitale Angebote
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