Julianenhof 1933-1955 als Ort von Geld- und Kunsttransfer
Description
Rund 50 km östlich von Berlin, befindet sich das heutige Internationale Fledermausmuseum Julianenhof in den ehemaligen Gebäuden eines alten Gutshofes. Der Träger NABURegionalverband Strausberg-Märkische Schweiz e.V. hat sich hier dem Artenschutz der Fledermäuse und der museumspädagogischen Arbeit verschrieben. Seit dem Jahr 2000 widmet sich die ehrenamtliche Museumsleiterin verstärkt auch der Recherche zur 300-jährigen Geschichte des Hofes. Dabei stellte sich heraus, dass der Hof in den 1940er Jahren regionale “Berühmtheit” erlangt, als es heißt, dass eine Cousine Hermann Görings, Erika Rode, hier mit ihrer Familie wirtschaftet. Mit dem Zeitzeugenbericht über Kistenlieferungen von und für Göring über den Bahnhof des 5 km entfernten Buckows schien es nahezu eine Tatsache, dass Göring, Adolf Hitlers zweiter Mann im “Reich”, auch hier in Julianenhof gewirkt haben musste. Wie weit dieser Einfluss Görings beim Kauf des Grundstückes durch seine Cousine ging, ob er hier auch persönlich zu Gast war und ob er diesen Ort unweit von der Hauptstadt zur Sicherstellung und Verbringung von (Kunst-) Objekten genutzt hat, lag im Forschungsfeld dieses Projektes. Zeitzeugeninterviews, Archivrecherchen und Quellenauswertungen haben ergeben, dass er zum einen maßgeblich an dem Kauf durch Walter A. Rode vom Vorbesitzer Julianenhofs Max Reincke mitgewirkt haben musste und dass es dadurch zu persönlichen und parteipolitischen Bereicherungen kam. Eine Auslagerung und Verbringung von Kunstobjekten durch Hermann Göring konnte jedoch mit der heutigen Quellenlage bis dato nicht bestätigt werden.
Namentlich taucht die Schwägerin Hermann Görings, Ilse Göring, als Bevollmächtigte in den Verhandlungen zum Kaufvertrag von Max Reincke an Walter A. Rode im Herbst 1940 auf. Rode, der zu diesem Zeitpunkt noch mit seiner Familie eine Kaffeeplantage in Venezuela bewirtschaftet, wollte nach Deutschland übersiedeln. In dieser Sache griff Hermann Göring nun tonangebend ein, in dem er die zum Auswandern genötigte jüdische Familie Bernheimer aus München unter Androhung von Repressalien dazu drängte, den Kaufvertrag im Mai 1939 für die Hazienda in Venezuela zu unterzeichnen. Die in diesem Zuge vorgenommene Arisierung der Firma L. Bernheimer K.-G. steht in engem Zusammenhang mit der Transaktion Rode und hat die Enteignung des Privat- und Firmenbesitzes der Familie Bernheimer in München zur Folge.
Rode erhält den Kaufpreis und kann nun mit seiner Familie nach Deutschland zurück kehren.
Aus Nachfahrenberichten der Familie Reincke und Zeitzeugenberichten geht nun hervor, dass Rode zwar das Gut in Julianenhof von ihnen erwarb, er und seine Familie aber vermutlich nur einen Bruchteil, des im Kaufvertrag vereinbarten Preises auch bar an die Vorbesitzer auszahlten. Im Laufe des Projektes wurde dies bei der Auswertung verschiedener Quellen deutlich. Zeitzeugen berichten darüber hinaus von einem persönlichen Besuch Hermann Görings in Julianenhof. Seine Frau und Kinder waren hin und wieder Übernachtungsgäste auf dem Gutshof, im Sommer 1942. Diese enge Verbindung zu Rodes und das direkte Eingreifen Görings bei der Arisierung der Firma Bernheimer lässt die Vermutung einer Verbringung von Kunstgütern vielleicht auch aus dem Hause Bernheimer nach Julianenhof als Möglichkeit erscheinen. An diesem Punkt der Recherchen, sind dafür aber keine Belege gefunden worden. Bei einem Brand im Herrenhaus des Gutshofes im Sommer 1945 ist vermutlich ein Großteil des auf der Flucht zurück gelassenen Inventars des Herrenhauses in Julianenhof zerstört worden. Möglicherweise finden sich in den Archiven der damaligen sowjetischen Besatzungsmacht noch Unterlagen zum Gut Julianenhof. Dieser Vermutung konnte noch nicht nachgegangen werden. Bisher konnte leider auch noch kein Kontakt zu den Nachfahren der Familie Rode hergestellt werden, um weitere Hinweise zu erhalten.
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- Verweist aufLeber, Marianne: Das Haus Bernheimer, In: Das Bayernland, 62. 1960, S. 447-452.
- Verweist aufMärkischer Markt, 12./13.12.2012: Als das Gutshaus niederbrannte von Thomas Berger.
- Verweist auf
- Verweist aufNeufeldt, Wolfram: Buckower Alltag im Spiegel des Lokalanzeigers. Jahrgang 1935. Goerges-Verlag: Berlin 2009. S. 116.
- Verweist aufOberbarnimer Heimatbücher 7: Nachrichten über Pritzhagen. S. 211-229. Bad Freienwalde 1929.
- Verweist aufPfeiffer-Belli, Erich: Bernheimer - 100 Jahre in München. 1864-1964. Festschrift. München 1964.
- Verweist aufQuerengässer, Jens: Julianenhof. Semesterentwurf WS 2000/01. Bauhaus-Universität Weimar. A/98/B/980887.
- Verweist aufSchleusener, Jan: Eigentumspolitik im NS-Staat: Der staatliche Umgang mit Handlungs- und Verfügungsrechten über privates Eigentum 1933-1939.
- Verweist aufSchmidt, Rudolf. Aus der Psuelenland II. Oberbarnimer Heimatbücher. 9. Band. Bad Freienwalde (Oder): 1929. S. 112-143.
- Verweist aufSchmidt, Rudolf. Reichenberger Erinnerungen. Kreiskalender Oberbarnim 1932. S. 9.
- Verweist aufSchmidt, Rudolf. Reichenberger Erinnerungen. Kreiskalender Oberbarnim 1933. S. 106-111.
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- Verweist aufSeyfert, Ernst; Wehner, Hans: Landwirtschaftliches Adreßbuch der Provinz Brandenburg. Verlag von Niekammer`s Adreßbücher G.m.b.H.: Leipzig 1929. Band VII. Aufl. 4.
- Verweist aufStraubel, Rolf: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740-1806/15. Walter de Gruyter: Berlin 2009.
- Verweist aufZeitmagazin Nr. 02 / 2014: Das war meine Rettung, S. 46 (Interview mit Konrad O. Bernheimer).
- Verweist aufDeutsches Reichsgesetzblatt 1922 - 1945, „Gesetz über die 7Ausschließung von Wohnsiedlungsgebieten“ vom 22. September 1933. S. 659ff.