Provenienzforschung am Stadtmuseum Oldenburg: Die Kunst-Erwerbungen von 1933 bis 1945 auf dem Prüfstand
Description
Die Sammlungsbestände des Stadtmuseums Oldenburg umfassen insgesamt etwa 120.000 Objekte. In ihrem Kern gehen sie auf die Theodor Francksen-Stiftung zurück, die 1914 in städtischen Besitz kam. Weitere Zustiftungen, Ankäufe und Schenkungen folgten und vergrößerten die Bestände seitdem kontinuierlich. Im Anschluss an die bereits abge-schlossene Untersuchung der Bernhard-Winter-Stiftung wurde die Provenienzforschung am Stadtmuseum Oldenburg auf weitere relevante Sammlungsbestände ausgedehnt.
Untersuchungsbestand
Auf dem Prüfstand der Provenienzforschung standen von November 2016 bis August 2020 alle künstlerischen Arbeiten, die in den Jahren 1933 bis 1945 Eingang in die Sammlungen des Stadtmuseums fanden - nach abschließendem Stand insgesamt 1729 Objekte. Dabei handelt es sich um drei Teilbestände, die einer systematischen Untersuchung ihrer Herkunft unterzogen wurden:
1. Die 922 Objekte umfassende Kunstsammlung des Oldenburger Konservators, Malers und Sammlers Richard tom Dieck (1862-1943) besteht aus Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und überwiegend druckgrafischen Blättern des 16. bis 20. Jahrhunderts. 1943 gelangte diese Kollektion zusammen mit seinem schriftlichen Nachlass und seinem eigenen künstlerischen Oeuvre als Vermächtnis in den Besitz des Oldenburger Stadtmuseums. Richard tom Dieck bekleidete langjährig mehrere Schlüsselpositionen im Oldenburger Kulturleben: als Konservator der Großherzoglichen Sammlungen, als aktives Vorstandsmitglied im Olden-burger Kunstverein und als ehrenamtliche Führungskraft am Städtischen Heimatmuseum, dem späteren Stadtmuseum Oldenburg.
2. Ein ebenfalls großer Bestand ist die Kunstsammlung der Paul-Stalling-Stiftung mit einem Um fang von etwa 627 Inventarnummern. Die zu Beginn des Jahres 1945 erworbene Kollektion enthält neben Aquarellen und Zeichnungen überwiegend druckgrafische Blätter des 16. bis 20. Jahrhunderts, zusammengetragen von dem Oldenburger Verlagsbuchhändler Paul Stalling (1861-1944). Zusammen mit seinem Bruder Heinrich Stalling entwickelte er den traditionsreichen Oldenburger Gerhard Stalling-Verlag in den 30er Jahren zu einem führenden reichsdeutschen Verlag. Daneben war Paul Stalling bis zu seinem Tode aktiv im Vorstand des Oldenburger Landesvereins tätig und bekleidete bis Oktober 1942 das Amt des Schatzmeisters.
Die umfangreichen Provenienzrecherchen haben in beiden Beständen keine konkreten Hinweise auf unrechtmäßige Erwerbungen während der NS-Zeit erbracht. Hinsichtlich der Erwerbungsquellen und der Vorbesitzer der jeweiligen Sammlungsstücke bleiben nach heutigem Stand Fragen offen.
3. Einen dritten und kleineren Bestand bilden 180 künstlerische und vereinzelt kunstgewerbliche Zugänge aus weiteren unterschiedlichen Quellen, die durch Ankauf aus dem Handel und von Privatpersonen, durch Schenkungen, durch behördliche Überweisungen oder auf unbekanntem Wege im Zeitraum 1933 bis 1945 in die Sammlungen des Museums kamen. Mehrere dieser Vorgänge begründeten einen Anfangsverdacht und wurden daher jeweils tiefergehend recherchiert.
Ergebnisse
Innerhalb der untersuchten Zugänge zwischen 1933 bis 1945 wurden 62 Objekte als „zumindest bedenklich“ eingestuft. Manche darunter konnten bisher nicht eindeutig im Museumsbestand identifiziert werden. In der Lost Art-Datenbank des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste sind insgesamt 25 Objekte aus den Sammlungen des Stadtmuseums Oldenburg als Fundmeldungen veröffentlicht.
Darüber hinaus wurden im Verlauf des Projekts zwei weitere akute Verdachtsfälle außerhalb des Recherchebestandes erforscht, die erst nach 1945 Eingang in die Sammlungen des Hauses gefunden haben. Dabei handelt es sich um den Grundstein der zerstörten Oldenburger Vorkriegs-Synagoge und um Objekte aus dem ehemaligen Besitz des jüdischen Oldenburger Ehepaares Henny und Siegfried Insel. Die betreffenden Sammlungsstücke wurden jeweils als „belastet“ eingestuft. In beiden Fällen konnte die Provenienzforschung wichtige Ergebnisse erzielen:
Der Grundstein der alten Oldenburger Synagoge war 1854 feierlich gelegt worden. In der Pogromnacht 1938 wurde das Gotteshaus von den Nationalsozialisten zerstört. Erst 1959 fand man den Grundstein bei Bauarbeiten. In der Folge gelangte er in die Sammlungen des Stadtmuseums Oldenburg und dort schließlich in Vergessenheit. Mithilfe der Provenienz-forschung konnte seine Herkunft geklärt werden. Im Juni 2019 wurde der Synagogen-Grundstein von der Stadt Oldenburg an die Jüdische Gemeinde zu Oldenburg restituiert. Im Anschluss an die Restitution hat die Jüdische Gemeinde den symbolhaltigen Stein dem Stadtmuseum als großzügige Dauerleihgabe überlassen. Als ein wichtiger materieller Zeitzeuge erinnert er in der Dauerausstellung an die Geschichte jüdischen Lebens in Oldenburg und an das vergangene Unrecht.
Im zweiten Fall handelt es sich um eine Zinnkanne und um Hochzeitsschmuck, die als Schenkung von privat 1997 in die Sammlungen das Stadtmuseums Oldenburg kamen. Die Sammlungsstücke stammen aus dem ehemaligen Besitz der jüdischen Oldenburger Familie Henny und Siegfried Insel. Die Eheleute flohen 1939 vor der Verfolgung in die Niederlande. Das Paar und auch ihre Kinder überlebten den Holocaust nicht. Die Stadt Oldenburg hat für diese Objekte die Bereitschaft zur Restitution beschlossen. Die Suche nach Erben ist am Stadtmuseum Oldenburg für 2021 geplant.
Ausstellung
Zwei verschiedene Ausstellungsstationen zur Provenienzforschung sind in die Sammlungs-präsentation des Stadtmuseums integriert und ermöglichen es Besucherinnen und Besuchern, wesentliche Projektergebnisse anhand von Objekten, Fotos und erläuternden Texten anschaulich nachzuvollziehen. Die Provenienzforschung am Hause war außerdem 2020 Teil der Sonderausstellung „Entdeckt, bewundert, aufgehoben“, die sich verschiedenen Aspekten des Sammelns widmete.
(c) Stadtmuseum Oldenburg
Basic information
Research report and other sources
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