Kunstfund Gurlitt

2012 bei Cornelius Gurlitt aufgefunden, wurde der „Schwabinger Kunstfund“ 2013 zur öffentlichen Sensation und stand unter NS-Raubgutverdacht. Zusammen mit später aufgetauchten Kunstwerken wird er seitdem als „Kunstfund Gurlitt“ bezeichnet.

In der Münchener Wohnung von Cornelius Gurlitt (1932-2014) wurden 2012 im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung in einer Steuerangelegenheit zahlreiche Kunstwerke aufgefunden und beschlagnahmt. Da es sich um den Sohn des bekannten Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt (1896-1956) handelte, der im Zweiten Weltkrieg einer der wichtigsten Vermittler für Hitlers ‚Sonderauftrag Linz‘ war, entstand mit Bekanntwerden des Fundes 2013 der Verdacht, dass es sich hierbei (pauschal) um NS-Raubkunst handeln könne.

Von 2013 bis 2015 erforschte daher die von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dem Freistaat Bayern eingesetzte Taskforce „Schwabinger Kunstfund“  die Herkunft (Provenienz) der aufgefundenen Kunstwerke. Anschließend, in den Jahren 2016 und 2017, übernahm diese Aufgabe das „Projekt Provenienzrecherche Gurlitt“ in Trägerschaft des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste, finanziert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Ziel der Provenienzforschung war die Klärung der historischen Eigentumsverhältnisse der verdächtigen Kunstwerke. Es galt herauszufinden, ob es sich um sogenannte NS-Raubkunst handelt und wem ein solches Werk NS-verfolgungsbedingt entzogen worden war. Außerdem wurde der schriftliche Nachlass Cornelius Gurlitts inventarisiert und erschlossen, um für die Provenienzforschung besser genutzt werden zu können. 2014 wurde zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern und Cornelius Gurlitt eine Vereinbarung geschlossen, demnach Cornelius Gurlitt sich - als erste Privatperson - zur umfassenden Erforschung seines Kunstbesitzes bekannte mit dem Ziel, NS-Raubgut im Sinne der Washingtoner Prinzipien von 1998 zu restituieren.

Nach dem Tod Cornelius Gurlitts 2014 bekräftigte die Stiftung Kunstmuseum Bern, die von Gurlitt als testamentarische Erbin eingesetzt worden war, dieses Bekenntnis zur transparenten Aufklärung und Rückgabe NS-Raubguts in einer Vereinbarung mit der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern vom 24. November 2014.

Bis Ende 2017 wurde die Erforschung von über 1500 Werken des „Kunstfund Gurlitts“ abgeschlossen, wobei sich weitaus weniger Werke als anfangs vermutet als NS-Raubkunst erwiesen und viele Provenienzlücken trotz intensiver Bemühungen nicht geschlossen werden konnten. Zahlreiche Werke waren zudem unbelastet. Den größten Anteil am „Kunstfund Gurlitt“ haben Arbeiten auf Papier, darunter zahlreiche Blätter serieller Grafik.

Nach Abschluss der Provenienzforschung wurden die Kunstwerke nach den Kriterien der o.g. Vereinbarung in ein „Ampelsystem“ eingeordnet. Grundlage hierfür war der Abschluss eines Reviews der Forschungsberichte durch internationale Expert:innen (für Details siehe Methodik und Materialien).

Die Reviews und die abschließende Dokumentation der zahlreichen Daten und Forschungsergebnisse wurden durch die Projekte „Reviews, Dokumentation und anlassbezogene Forschungsarbeiten zum Kunstfund Gurlitt“ (01.01. bis 31.12.2018) und "Publikation und Ergeb­nisdokumentation zum Kunstfund Gurlitt“ (01.01. bis 31.12.2019) durchgeführt.

 

Extern gehostetes Video URL
Erklärfilm zum Kunstfund Gurlitt
Der Film steht kos­ten­frei zum Dow­n­load be­reit. Er darf un­ter der Li­zenz CC BY-NC-ND 4.0 ge­nutzt und ver­brei­tet wer­den. © Deut­sches Zen­trum Kul­tur­gut­ver­lus­te, bildbad

Der Anteil von NS-Raubgut (Ampelsystem: rot) innerhalb des „Kunstfund Gurlitt“ erwies sich mit neun Werken als weitaus geringer wie anfangs vermutet. Fünf weitere Werke aus dem sogen. „Konvolut Süddeutschland“, einem Familienbesitz, erwiesen sich als „NS-Raubkunst“ und wurden entsprechend restituiert. Bei vielen Werken konnten Provenienzlücken trotz intensiver Recherchen nicht geschlossen werden (Ampelsystem: gelb). Die Provenienz einiger Kunstwerke erwies sich für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 als unbelastet (Ampelsystem: grün). Auch wenn nur relativ wenige Werke eindeutig als NS-Raubkunst identifiziert werden konnten, so erwies sich die Provenienzforschung insgesamt doch als notwendig und sinnvoll. Zahlreiche neue Erkenntnisse, die auch anderen Fällen zu Gute kommen, wurden bspw. zum Kunstmarkt in Paris unter deutscher Besatzung gewonnen. 

Die als NS-verfolgungsbedingt entzogenen Werke wurden gemäß der Vereinbarung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien mit der Stiftung Kunstmuseum Bern an die Berechtigten restituiert.

Aus den vielfältigen Erkenntnissen der Projektarbeit entstand die Publikation „Kunstfund Gurlitt – Wege der Forschung“ (Provenire, Schriftenreihe des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste, 2, 2020). Sie gibt auch über den „Kunstfund Gurlitt“ hinaus grundlegende Einblicke in Strukturen, Rahmenbedingungen und Quellen des NS-Kunstraubs. Es werden exemplarisch Wege der Forschung, ihre Erfolge, Herausforderungen und Grenzen aufgezeigt, aber auch grundlegende Erkenntnisse zu Märkten und Akteuren in den zwischen 1939 und 1945 von deutschen Truppen besetzten Ländern.

Diejenigen Kunstwerke, die im Zuge der Erbfolge vom Kunstmuseum Bern übernommen wurden, werden dort weiter erforscht und im Sinne der Washingtoner Prinzipien behandelt. Der gesamte Bestand an Kunstwerken ist in einer Datenbank einsehbar. Dort ist auch verzeichnet, welche Werke die Stiftung Kunstmuseum Bern aufgrund ihres Wahlrechts übernommen hat. Die Werke hingegen, die nach Auswahl durch Bern in Deutschland verblieben sind, befinden sich im Bestand der Kunstverwaltung des Bundes (KVdB). Dort wird ebenfalls die Provenienzforschung weitergeführt. Sofern sich ein Werk erwiesenermaßen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit als NS-Raubkunst herausstellt, wird es restituiert.

Ansprechpartner

Ansprechpartner für Anfragen zum „Kunstfund Gurlitt“ ist das Kunstmuseum Bern:

Kunstmuseum Bern
Hodlerstrasse 8–12
3011 Bern
E-Mail: info@kunstmuseumbern.ch
Web­si­te: Kunstmuseum Bern "Der Nachlass Gurlitt"

Ansprechpartner für Anfragen zu den fünf Kunstwerken aus dem "Kunstfund Gurlitt", die nach Ausübung des Wahlrechts der Stiftung Kunstmuseum Bern in Deutschland verbleiben, ist die Kunstverwaltung des Bundes:

Kunst­ver­wal­tung des Bun­des
DGZ-Ring 12
13086 Ber­lin
E-Mail: pro­ve­ni­enz­for­schung@kvdb.bund.de
Web­si­te:  Kunstverwaltung des Bundes "Kunstfund Gurlitt"

 

Ansprechpartner für Anfragen zum Schriftlichen Nachlass von Cornelius Gurlitt (Signatur BArch N 1826) ist das Bundesarchiv:

Bundesarchiv
Potsdamer Straße 1
56075 Koblenz
E-Mail: koblenz@bundesarchiv.de
Website: Bestand N 1826 Nachlass Gurlitt in invenio

 
 

 

 

Methodik und Ergebnisse
Vorgehen und Ergebnisse der Provenienzrecherche Gurlitt (Stand 17. Januar 2020)
Materialien und Links
Verfügbare Dokumente und weiterführende Links
Datenbestand Gurlitt in Proveana
Daten zum Kunstfund Gurlitt in der Forschungsdatenbank Proveana