Raub und Restitution der Sammlung Goldschmidt-Rothschild
Beschreibung
Im Jahr 1938 verkaufte Maximilian Freiherr von Goldschmidt-Rothschild unter dem Druck der Nationalsozialisten sein Frankfurter Stadtpalais in der Bockenheimer Landstr. 10 und seine bedeutende Kunstsammlung von fast 1.400 Objekten an die Stadt Frankfurt am Main. Die Kunstwerke wurden hauptsächlich zwischen dem Museum für Kunsthandwerk (heute: Museum Angewandte Kunst), der Städtischen Galerie und dem Städelmuseum aufgeteilt. Das Palais selbst wurde unter dem Titel „Museum für Kunsthandwerk II“ zur Dependance des gleichnamigen Museums erklärt. 1948/49 wurde die Sammlung Goldschmidt-Rothschild in einem Vergleich mit der Erbengemeinschaft restituiert. Das Forschungsprojekt befaßte sich mit der detaillierten Aufarbeitung dieser Vorgänge.
Maximilian Goldschmidt (Abb.1), am 20. Juni 1843 in Frankfurt am Main geboren, entstammte der jüdischen Familie Goldschmidt-Kassel, die zunächst als Tuch- und Stoffhändler tätig war. Im 19. Jahrhundert gründete Maximilians Vater, der großherzoglich-toskanische Konsul Bendict Hayum Salomon Goldschmidt, die B.H.Goldschmidt Bank, die Maximilian mit seinem Bruder bis zur Schließung 1893 weiterführte.¹
1878 nahm er Minna Caroline von Rothschild (*1857 †1903) zur Frau und heiratete so in die wichtigste jüdische Familie Frankfurts ein. Minna und Maximilian hatten fünf Kinder, Albert (*1879 †1940), Rudolf (*1881 †1962), Lilli (*1883 †1929), Lucy (*1891) und Erich (*1894). Sie lebten im Rothschild-Palais an der Bockenheimer Landstraße 10 (Abb. 2), einem ehemaligen Land- und Sommerhaus von Mayer Amschel Rothschild, dem ältesten Sohn des Stammvaters der Rothschilds.²
Nach dem frühen Tod seiner Frau nahm Maximilian Goldschmidt „Rothschild“ in die Namensführung auf und wurde unter dem Namen „von Goldschmidt-Rothschild“ in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben.1907 folgte die Erhebung in den preußischen Freiherrenstand, weiterhin war er k.u.k. Österreichisch Ungarischer Generalkonsul und Besitzer des von ihm gestifteten Fideikommisses Wroniawy bei Posen.
Zusätzlich zu seiner hohen gesellschaftlichen Position gehörte er zu den vermögendsten Personen Deutschlands. Das Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre Hessen-Nassau von 1913³ weist ihn als den reichsten Mann Hessen-Nassaus aus. Sein Reichtum erlaubte ihm nicht nur die Gründung und Unterstützung zahlreicher Stiftungen, sondern auch die finanzielle Zuwendung an viele kleine wissenschaftliche Projekte. Die Frankfurter Museen förderte er regelmäßig und schenkte ihnen schon zu Lebzeiten diverse Kunstwerke.
1938 verkaufte er zunächst seine Grundstücke und das Palais in der Bockenheimer Landstraße. Im November 1938 folgte dann der Verkauf seiner Kunstsammlung an die Stadt Frankfurt am Main.
Am 15. März 1940 verstarb Maximilian in Frankfurt am Main. Das Palais wurde schließlich durch einen der schwersten Luftangriffe am 22. März 1944 bis auf die Grundmauern zerstört.
Die historischen Umstände des Verkaufs und der Restitution der Sammlung Maximilian Goldschmidt-Rothschild wurden, soweit belegbar, in einem detaillierten Bericht erfasst, der der Forschungsstelle vorliegt.
Nach einer ersten Sichtung diverser Aktenbestände konnte der Inhalt der Kunstsammlung mit Hilfe von 1938 erstellten Aufstellungen eingeschätzt werden. Auch eine Fotodokumentation der kunstgewerblichen Objekte konnte gesichert werden. Die Fülle der kunstgewerblichen Objekte zeugt von einer homogenen Sammlung von herausragender Qualität. So finden sich mittelalterliche, vorwiegend sakrale Objekte, Objekte der Renaissance, französisches Barock und Rokoko mit Spitzenwerken der Möbelherstellung. Das ausgehende 18. und beginnende 19. Jahrhundert ist durch eine stattliche Anzahl an Miniaturen repräsentiert.
Eine umfassende detaillierte Aufarbeitung dieser Akten zur abschließenden Klärung des Verbleibs der Sammlungsobjekte soll u.a. Gegenstand eines langfristigen Forschungsprojektes werden.
¹ Schembs, Hans-Otto: Jüdische Mäzene und Stifter in Frankfurt am Main, Frankfurt a.M. 2007, S. 74
² Sämtliche Angaben zur Geschichte der Familie Rothschild stammen aus dem Begleitbuch und Essayband anlässlich der Ausstellung „Die Rothschilds Eine europäische Familie“ im Jüdischen Museum der Stadt Frankfurt am Main, herausgegeben von Georg Heuberger 1994
³ Martin, Rudolf: Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Hessen-Nassau, Berlin 1913, S. 65
(c) Museum Angewandte Kunst Frankfurt am Main
Grunddaten
Forschungsbericht und Materialien
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Inhaltliche Bezüge
Personen/Körperschaften
- Verweist aufKunsthandlung Hermann Ball
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- Verweist aufCahn, Max Ludwig
- Verweist aufGoldschmidt, Bendict Hayum Salomon
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- Verweist aufGoldschmidt-Rothschild & Co Bank
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- Verweist aufHitler, Adolf
- Verweist aufHolzinger, Heinz
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- Verweist aufRechtsanwaltskammer
- Verweist aufReichskredit-Gesellschaft
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- Verweist aufStädtische Galerie Frankfurt am Main
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- Verweist aufVollrath, Eduard
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Ereignisse
Sammlungen
Archivalien
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Literatur & digitale Angebote
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- Verweist auf
- Verweist aufHeike Drummer, Friedrich Krebs – Nationalsozialistischer Oberbürgermeister in Frankfurt. Rekonstruktion seines politischen Lebens. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 42, 1992, S. 219–253.
- Verweist aufMonica Kingreen (Hg.), „Nach der Kristallnacht“. jüdisches Leben und antijüdische Politik in Frankfurt am Main 1938 – 1945, Frankfurt am Main 1999.
- Verweist auf
- Verweist aufMonica Kingreen, Systematische Politik der Ausplünderung. Die Aneignung »jüdischen Eigentums« durch die Stadt Frankfurt am Main. In: Katharina Stengel (Hg.), Vor der Vernichtung. Die staatliche Enteignung der Juden im Nationalsozialismus, Frankfurt/New
- Verweist aufPatrick M. de Winter: Der Welfenschatz. Zeugnis sakraler Kunst des Mittelalters, Hannover 1986.
- Verweist aufRudolf Martin: Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Hessen-Nassau, Berlin 1913.
- Verweist auf