Erschließung des Sammlungsbestands von Carl Georg Schillings am Leopold-Hoesch-Museum
Beschreibung
Das Dürener Leopold-Hoesch-Museum ist seit seiner Gründung 1905 im Besitz des Nachlasses des Afrikareisenden, kolonialen Großwildjägers und Naturforschers Carl Georg Schillings (1865-1921). Zu diesem bisher unerforschten Sammlungskonvolut zählen an die 600 Objekte, darunter Jagdtrophäen, naturkundliche Objekte, Fotoapparate, Dias, Briefe, Bücher und Notizen.
Carl Georg Schillings wurde 1865 in Düren geboren. Nachdem ihn der Direktor des Zoologischen Garten Berlin auf die reiche Tierwelt Ostafrikas aufmerksam gemacht hatte, schloss sich Schillings 1896 der Expedition des Dürener Industriellensohns Max Schoeller nach Deutsch-Ostafrika (heute: Tansania, Burundi, Ruanda und Teile Mosambiks) und British-East-Africa (heute: Kenia) an. Bis 1903 folgten drei weitere eigenständige Expeditionen mit dem Ziel, Trophäen für deutsche Naturkundemuseen zu sammeln sowie lebende Tiere für den Zoologischen Garten Berlin zu fangen und Tierfotografien anzufertigen. War Schillings zu Anfang seiner Reisen noch vor allem mit der Jagd vor Ort beschäftigt, so sorgten zunehmend schwindende Tierbestände für einen Wandel seiner Interessen. Schillings setzte sich im Verlauf seines Lebens vermehrt für Regelungen zum Naturschutz und für Jagdschutzgesetze in Ostafrika ein. Während dieser Zeit entstanden vor allem seine Fotografien – meist in Form von Glasdias. Er fotografierte als erster Deutscher ostafrikanische Säugetiere und Vögel in ihrem natürlichen Lebensraum vor Ort in einer Zeit, in der tragbare Blitzlichtgeräte und tropentaugliche Kameras noch nicht erfunden waren. Mehr als tausend seltene, belichtete Glasplatten finden sich in der Sammlung. 1905 veröffentlichte Schillings seine Reiseerlebnisse in seinem Buch „Mit Blitzlicht und Büchse“, dem 1906 ein weiterer Band mit dem Titel „Der Zauber des Eleléscho“ folgte.
Zum ersten Januar 2023 startete ein Forschungsvolontariat zur Erschließung dieses Sammlungsbestands am Dürener Leopold-Hoesch-Museum. Die wissenschaftliche Arbeit während des Volontariats hat die Sichtung, detaillierte Erfassung und Sicherung dieser Sammlungsobjekte, die Einordnung der Tätigkeiten von Carl Georg Schillings in den damaligen deutschen und britischen Kolonialgebieten Ostafrikas in die wissenschaftlichen Kontexte und kolonialen Netzwerke der damaligen Zeit zum Inhalt. Ein besonderer Fokus liegt auf der Einordnung der Museumskonzeption des Leopold-Hoesch-Museums von 1905 mit der Präsentation der Schillings-Sammlung in das Museums- und Ausstellungsverständnis des frühen 20. Jahrhundert. In welchem Verhältnis steht Schillings’ Tätigkeit zu der Beteiligung rheinischer Industrieller und Bürger*innen im Rheinland am deutschen Kolonialismus? Welche historischen Vorstellungen von Mensch, Natur und Gesellschaft spiegeln sich im Vorgehen Schillings’ und seines Umfelds? Insbesondere stellt sich aber die Frage, inwiefern Schillings mit seinen Fotografien, seinen Publikationen und seinem Engagement für den Schutz der Tierbestände im Osten Afrikas zum heutigen Verständnis von Natur und Naturschutz beigetragen hat und/oder in diesem Zusammenhang kritisch zu betrachten ist.
Unterschiedliche Bestände an Tiertrophäen und -präparate, die Schillings anfertigte, befinden sich noch heute in den Naturkundemuseen in Stuttgart, Berlin, Karlsruhe, Wien und anderen Orten. Gerade Wissenschaftler*innen in naturkundlichen Sammlungen ist der Name Carl Georg Schillings ein Begriff und steht in Verbindung mit einer großen Anzahl von Schenkungen und Ankäufen von Tieren in Museen oder deutschen Zoos. Aber auch einzelne ethnologische Artefakte sind durch
Schillings nach Deutschland gelangt. Er stellt dadurch einen interessanten Akteur in den Forschungen zur Herkunft kolonialer Artefakte und Präparate dar.
Im Rahmen des Volontariats soll die Sammlung von Carl Georg Schillings für den Ausstellungsbetrieb und zukünftige Projekte mit zeitgenössischen Künstler*innen sowie für die Wissenschaft erschlossen und sichtbar gemacht werden. Es ist beabsichtigt, die im Rahmen des Forschungsvolontariats erarbeiteten Ergebnisse Anfang 2025 in einer Ausstellung zu präsentieren. Projektpartner*innen sind Dr. Bernhard Gißibl am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Dr. Ina Heumann am Museum für Naturkunde Berlin – Leibniz Institut für Evo-lutions- und Biodiversitätsforschung. (Text: Frauke Dornberg)
Grunddaten
Forschungsbericht und Materialien
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